In der letzten Saison-Vorschau werfen wir einen Blick auf die Nation, die im vergangenen Winter nicht nur den Gesamtweltcup-Sieger gestellt hat, sondern auch die Nationenwertung für sich entschieden hat – zumindest bei den Herren. Die norwegischen Damen müssen im kommenden Winter auf ihre stärkste und erfahrenste Athletin verzichten, dürften aber dennoch auch bei den Damen nicht chancenlos sein.

Starten wir mit dem Mann, der den vergangenen Winter als bester Skispringer im Gesamtweltcup abgeschlossen hat – Halvor Egner Granerud. Im Sommer hat er mehr oder weniger dort angeknüpft, wo er Ende März aufgehört hat. Die Sommer-Grand-Prix-Wertung konnte er durch die Siege in Kasachstan und Russland – sowie in Abwesenheit der anderen Top-Nationen – für sich entscheiden. Doch auch im internationalen Vergleich mit den Besten aller Nationen reichte es beim SGP-Finale für Rang zwei. Bei den Norwegischen Meisterschaften vor zwei Wochen musste er sich nur knapp dem Überraschungs-Sieger Oscar Westerheim auf Rang zwei geschlagen geben. Die Weichen dürften damit also auch für den kommenden Winter gestellt sein. Ob er seine Dominanz aus dem vergangenen Winter noch einmal genauso wiederholen kann, bleibt fraglich. Eine Platzierung ganz weit vorne im Gesamtweltcup ist ihm aber in jedem Fall wieder zuzutrauen.

Forfang auf der Suche nach Konstanz

Ein guter Sommer-Abschluss gelang auch dem aus Tromsø stammenden Johann André Forfang. Mit zwei dritten Plätzen bei den SGP-Bewerben in Chaikovsky und Klingenthal war er im Feld der Besten vertreten. Einen kleinen Tiefschlag musste der 26-Jährigen allerdings bei den nationalen Meisterschaften im Oktober hinnehmen: Rang 11 war sicher nicht das erhoffte Resultat. Dass Johann André Forfang zu dem Kreis der besten Skispringer gehört, hat er in den vergangenen Jahren mehrfach gezeigt. Im Gesamtweltcup belegte er bereits dreimal einen Platz unter den besten Zehn (2015/16 – 5.; 2017/18 – 7.; 2018/19. – 8.). Vor allem im vergangenen Winter ist ihm allerdings die Konstanz in seinen Sprüngen verloren gegangen – ein Platz unter den Top-Ten an einem Tag, kein zweiter Durchgang am nächsten Tag bedeuteten für ihn den 19. Platz im Gesamtweltcup. Sollte es ihm gelingen, seine konstant guten Sprünge in den Winter mitzunehmen, könnte wieder eine vordere Platzierung für ihn möglich sein.

Daniel-André Tande nach Rückkehr wieder festes Teammitglied

Nach seinem schweren Sturz beim Weltcup-Finale in Planica Ende März ist Daniel-André Tande im Laufe des Sommers auf die Schanze zurückgekehrt. Seinen ersten Wettbewerb absolvierte er im Rahmen des Continenalcups in Oslo im September. Auch im Sommer-Grand-Prix ging Tande beim Finale in Klingenthal und das Ergebnis konnte sich mit Rang 12 durchaus sehen lassen. Bei den Norwegischen Meisterschaften belegte er immerhin Rang sechs im Einzel und zweimal Gold im Team. 

„Ich habe einfach Spaß und genieße das Skispringen“, sagte der 27-Jährige nach dem SGP-Finale in Klingenthal. Und genau das ist für den sympathischen Norweger auch erst einmal die Hauptsache. Bei den letzten Vorbereitungen in Norwegen soll der Skiflug-Weltmeister von 2018 nach Angaben des Pressechefs in sehr guter Verfassung gewesen sein. Man darf also gespannt sein, was Daniel-André Tande in den bevorstehenden Wochen zeigen wird. Eins ist klar: Es ist bemerkenswert, nach so einem Sturz überhaupt so schnell wieder mit so guten Leistungen auf die Schanze zurückzukehren. 

Robert Johansson will nach Rücken-OP neu durchstarten

Nachdem der Mann mit dem Schnauzer wiederholt mit Rückenproblemen zu kämpfen hatte, unterzog sich Robert Johansson im Mai einer Rücken-OP. Beim anschließenden SGP lief es für den 31-Jährigen schon wieder ganz gut – Rang vier und zwei in Kasachstan und Platz elf in Klingenthal. Nach Rang 17 im Gesamtweltcup 2020/21 und generell eher unbeständigen Leistungen dürfte Robert Johansson nun nach seiner Rücken-OP mit neuem Elan in den neuen Winter starten. Einen ersten Eindruck werden wir bereits an diesem Wochenende gewinnen können. Sollte er schmerzfrei bleiben, ist auch er ein Kandidat für die vorderen Platzierungen.

Fredrik Villumstad erkämpft Quotenplatz für Norwegen

Einen festen Startplatz für den Weltcup-Auftakt hat sich während des Sommers Fredrik Villumstad erarbeitet. Durch seine guten Leistungen und dem dritten Platz in der Continentalcup-Gesamtwertung hat er dem norwegischen Team einen zusätzlichen Startplatz verschafft. Diesen wird er nun vorerst in Nizhny Tagil sowie bei der zweiten Station in Ruka einnehmen. Bleibt abzuwarten, ob er sich im starken norwegischen Team über den Winter hinweg behaupten kann. 

Fannemel gewinnt im Dreikampf um verbleibenden Weltcup-Startplatz

Neben Halvor Egner Graneurd, Robert Johansson, Marius Lindvik, Daniel-André Tande, Johann André Forfang und Fredrik Villumstad kämpften kurz vor dem Winter gleich drei Athleten. Aus dem Nationalkader sprang Anders Fannemel gegen die beiden COC-Starter Bendik Jakobsen Heggli und Oscar Westerheim um den verbleibenden Platz im Team. Nach den letzten Trainingseinheiten setzte sich mit Fannemel schließlich der Erfahrenste der drei Wikinger durch.

Überraschen konnte zuletzt vor allem Oscar Westerheim mit seinem Sieg bei den Norwegischen Meisterschaften. Mit weiterhin guten Leistungen im Continentalcup ist ein Start im Weltcup daher im kommenden Winter definitiv möglich. Gleiches gilt für Teamkollegen Bendik Jakobsen Heggli. 

Silje Opseth führt Damenteam an

Durch den Entschluss der norwegischen Frontfrau Maren Lundby, im kommenden Olympia-Winter nicht an den Start zu gehen, fällt nun Silje Opseth die Aufgabe zu, das norwegische Fähnchen im Damen-Skispringen hochzuhalten. Bereits im vergangenen Winter ist die 22-Jährige mit Rang vier im Gesamtweltcup sowie sieben Podestplatzierungen endgültig in der Weltspitze angekommen. Auch im Rahmen der SGP-Reihe landete sie in allen Wettbewerben in den Top-Ten und hat einmal mehr bewiesen, dass sie zu den besten Skispringerinnen der Welt gehört. Im kommenden Winter ist mit ihr daher auch ganz oben auf den Resultatlisten zu rechnen.

Nach Opseth schaut es im norwegischen Damenteam vorerst eher dünn aus: Mit Anna Odine Stroem und Thea Minyan Bjoerseth gibt es zwar eine zweite und dritte Starterin, eine vierte Athletin mit der man in Teamwettbewerben konkurrenzfähig sein könnte, fehlt dennoch. Im Winter 2018/19 schaffte die 23-jährige Anna Odile Stroem ihren bisher erfolgreichsten Weltcup-Winter mit Rang sieben in der Endabrechnung. Seitdem hat sie den Anschluss an die absolute Weltspitze allerdings etwas verloren. Vielleicht gelingt ihr im kommenden Winter wieder den Anschluss an die Top-15.

Für ihre jungen 18 Jahre präsentierte sich Thea Minyan Bjoerseth bisher mehr als akzeptabel. Im vergangenen Winter belegte sie immerhin den 15. Platz in der Gesamtwertung. Bei der Ski-WM in Oberstdorf belegte sie sogar Rang sieben im Einzelwettbewerb von der Normalschanze. Einzelne Ausreißer nach oben sind für die junge Norwegerin also durchaus möglich. Eine gute Platzierung im Gesamtweltcup ist also auch kommenden Winter nicht ausgeschlossen. Möglicherweise kann sie sich sogar den Top-Ten annähern.

Nach Kreuzbandriss: Kvandal und Markeng fallen weiterhin

Nach ihrem Kreuzbandriss Anfang Februar beim Weltcup im österreichischen Hinzenbach fällt Eirin Maria Kvandal vorerst weiterhin aus. Die ersten Sprünge sind laut Steinar Bjerkmann zwar im Laufe des Winters geplant, dennoch dürfte ein Start im Weltcup für die 19-Jährige eher unwahrscheinlich sein. Gleiches gilt für Thomas Aasen Markeng. Sein Kreuzbandriss liegt mit 2019 zwar schon weiter zurück, nach zwei weiteren Operationen am betroffen Knie, sieht allerdings auch für ihn die Situation keineswegs besser aus. Laut offiziellen Informationen wird er erst im Winter 2020/23 wieder im Weltcup an den Start gehen.

Los geht’s am heutigen Freitag um 14:15 Uhr mit dem Training, gefolgt von der Qualifikation um 16:30 Uhr – Überblick & Zeitplan Nizhny Tagil.
(MEZ – Nizhny Tagil, +4h)

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