Domen Prevc (SLO), 71. Vierschanzentournee - Garmisch-Partenkirchen (GER) 01.01.23; Foto: Konstanze Schneider

Zum Auftakt der 74. Vierschanzentournee ist Domen Prevc seiner Favoritenstellung gerecht geworden und hat in Oberstdorf einen überlegenen Sieg gefeiert. Hinter dem Dominator der bisherigen Saison reihte sich Vorjahrestourneesieger Daniel Tschofenig aus Österreich auf Rang zwei ein vor Felix Hoffmann, der die 25.500 Zuschauer an der Schattenbergschanze damit in Euphorie versetzte. Der Slowene Timi Zajc, der zunächst noch punktgleich mit Tschofenig Zweiter war, wurde nach der Materialkontrolle disqualifiziert.

„Ich bin glücklich, zufrieden und ein bisschen erleichtert – Oberstdorf als erste Station gut überstanden, und einen guten Wettkampf gezeigt – passt also alles“, freute sich Hoffmann kurz nach dem zweiten Durchgang in seiner gewohnt ruhigen Art am Mikrofon in der Mixed-Zone über den zunächst ersprungenen vierten Platz. Doch das Lächeln in seinem Gesicht sollte kurze Zeit später noch größer werden, als über den Stadionsprecher offiziell verkündet wurde, dass er auf den dritten Platz vorrückt. Der Grund hierfür war die Disqualifikation des Slowenen Timi Zajc wegen eines Verstoßes von 3 mm bei der Beinlänge seines Anzugs. Zajc verlor damit den zweiten Platz, den er sich zunächst mit Tschofenig geteilt hatte.

„Ich habe dann schnell wieder die Startnummer rausgegraben, drüber gezogen und durfte dann glücklicherweise doch noch zur Siegerehrung mit aufs Podest. Das war nochmal das i-Tüpfelchen für den heutigen Wettkampf. Das Publikum hat mich beflügelt und auch Philipps Sprung vorher hat mich nochmal gepusht“, so Hoffmann weiter.

Gegen Domen Prevc bleibt allerdings auch weiterhin kein Kraut gewachsen. Für Sprünge auf 141,5m und 140m erhielt der Slowene insgesamt 316,7 Punkte und damit 17,5 Zähler mehr als der Zweitplatzierte Tschofenig. „Ich bin total happy, dass mir zwei richtig gute Sprünge gelungen sind. Ich habe mich heute richtig gut gefühlt und konnte dieses gute Gefühl in meine Performance einfließen lassen. Und ja – natürlich ist es jetzt viel einfacher, denn die Vierschanzentournee ist ein langes Turnier, und man muss konzentriert bleiben, durchhalten und dranbleiben. Die 17 Punkte Vorsprung sind natürlich super hilfreich und könnten sich als nützlich erweisen, denn manchmal kann es knifflig werden, vor allem Innsbruck ist dafür berühmt berüchtigt“, freute sich Prevc in der Mixed-Zone.

Bereits nach der ersten Tourneestation stellt sich die Frage, wer den Träger des gelben Trikots überhaupt stoppen soll? Für ARD-Experte Sven Hannawald steht jetzt schon fest, dass Prevc nach ihm, Kamil Stoch und Ryoyu Kobayashi durchaus das Zeug dazu hat, der vierte „Grand-Slam-Sieger“ zu werden. (Es ist die Bezeichnung für einen Springer, der es schafft, alle vier Einzelspringen bei der Tournee hintereinander zu gewinnen). Fest steht in jedem Fall schon jetzt, dass Prevc der erste Slowene ist, dem es gelungen ist, das Auftaktspringen bei der Vierschanzentournee zu gewinnen. „Natürlich ist es etwas Besonderes, denn wir haben den Fluch von Oberstdorf gebrochen und endlich einen Sieg hier errungen“, so Prevc weiter.

Die Auferstehung von Daniel Tschofenig und des gesamten ÖSV-Teams

Während der Erfolg von Prevc schon fast erwartungsgemäß war, kam der zweite Rang von Daniel Tschofenig hingegen eher unerwartet. In Engelberg verpasste der Österreicher sogar zuletzt den zweiten Durchgang, präsentierte sich jedoch rechtzeitig zur Tournee wieder deutlich formerstarkt.

„Es war heute richtig, richtig cool. Wir haben viele Dinge richtig gemacht in den letzten Tagen. Es war schon etwas überraschend, dass es jetzt so gut funktioniert, aber es gibt mir viel Zuversicht für Garmisch. Ich bin schon sehr glücklich, habe hart gearbeitet und mir viele Dinge mit dem Trainierteam angeguckt. An dieser Stelle ein großes Dankeschön ans gesamte Betreuerteam – das hat sich definitiv ausgezahlt“, freute sich Tschofenig nach der erfolgreich eingeleiteten Wende.

Doch nicht nur Tschofenig, sondern auch das gesamte ÖSV-Team machte im Vergleich zu den letzten Wettbewerben einen großen Sprung nach vorne. Mit Jan Hörl (4.), Stephan Embacher (7.), Jonas Schuster (8.), Stefan Kraft (9.), Maximilian Ortner (12.) und Manuel Fettner (16.) liegt die Truppe von Cheftrainer Andi Widhölzl nach der ersten Station in Oberstdorf aussichtsreich positioniert.

Philipp Raimund bleibt ebenfalls im Rennen – restliches DSV-Team in der Formkrise

Neben Felix Hoffmann durfte sich auch Philipp Raimund (136m/133m; 295,6 Punkte) mit Platz fünf über einen starken Tournee-Auftakt freuen. Er toppte damit sein bisher bestes Einzelergebnis bei der Tournee, welches er vor zwei Jahren an gleicher Stelle als Sechster erzielt hatte.

„Insgesamt bin ich positiv gestimmt. Die Sprünge waren zwar noch nicht auf dem allerbesten Level, aber ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden, auch weil ich relativ nah an Platz zwei dran bin“, so Raimund, der zur Frage, ob die Tournee jetzt schon für Domen Prevc in trockenen Tüchern sei, wie folgt antwortet: „Ne, ne. Da kommen noch so ein paar verschiedene Schicksalsberge. Aber insgesamt macht er es ziemlich gut. Man hat es ja schon gesehen, er hat von den letzten sechs Weltcups fünf gewonnen. Jetzt von den letzten sieben sechs. Also bei ihm läuft es aktuell ziemlich gut. Er macht ein Megaflugsystem. Und von ihm kann ich definitiv noch einiges lernen.“

Die übrigen DSV-Adler stürzten hingegen ab. Es scheint so, als ob die teaminterne Lücke zwischen Hoffmann/Raimund und dem Rest immer größer wird. So scheiterte zunächst Pius Paschke (122,5m/32.) in seinem K.O.-Duell am Norweger Robin Pedersen. Anschließend verlor Andi Wellinger (110,5m/48.) chancenlos sein Duell gegen Felix Hoffmann.

„Ja, ich habe mich heute auch wieder brutal schwergetan mit dem Gefühl, dass ich sauber durch den Radius durchfahre. Ich gebe dann zuerst ein bisschen nach in Radiusnähe und dann ist es nur ein Ziehen und Legen, wenn ich zu schnell in den Flug übersetze. Ich bin knapp an der Kante, ohne Energie und Höhengewinn – dadurch funktioniert es dann halt nicht. Aber in Garmisch gehts weiter – neue Schanze, neues Glück“, analysierte Wellinger im Anschluss.

Ebenfalls erwartungsgemäß zogen Luca Roth (114m/44.) gegen Jan Hörl und Constantin Schmid (109m/49.) gegen Ryoyu Kobayashi jeweils den Kürzeren. Keiner der vier genannten deutschen Springer schaffte den Sprung in die „Lucky-Loser“, sodass der Wettbewerb bereits nach dem ersten Durchgang für sie alle beendet war.

Ryoyu Kobayashi kommt nicht über Rang sechs hinaus – Norweger tun sich weiter schwer

Nicht nur durch seinen Tagessieg bei der Generalprobe in Engelberg, sondern auch aufgrund seiner enormen Konstanz fiel bei der Frage nach dem Top-Favoriten für den Tourneesieg neben Domen Prevc häufig auch der Name Ryoyu Kobayashi. In Oberstdorf musste sich der Japaner allerdings mit Rang sechs begnügen. 21,7 Punkte fehlen ihm nach der ersten Station bis nach ganz vorne zu Prevc. Abschreiben sollte man den dreifachen Vierschanzentourneesieger jedoch trotzdem noch nicht. Sein Landsmann Ren Nikaido, der zuletzt mehrfach mit Podiumsplätzen auf sich aufmerksam machen konnte, blieb mit Platz 13 ebenfalls hinter seinen eigenen Erwartungen zurück.

Gleiches gilt auch für das norwegische Team, aus dem nur Kristoffer Eriksen Sundal (10.) in die Top-10 springen konnte. Sundal unterlag im ersten Durchgang zwar knapp Ren Nikaido, kam jedoch als „Lucky-Loser“ weiter. Halvor Egner Granerud (20.), Johann Andre Forfang (21.) und Marius Lindvik (23.) müssen ihre Hoffnungen auf eine gute Tourneeplatzierung allerdings wohl bereits jetzt begraben.

>>> Ergebnis Tageswertung

>>> Gesamtwertung Vierschanzentournee

Nächste Station: Garmisch Partenkirchen

Am 31.12.2025 geht es für die Herren mit der Qualifikation in Garmisch-Partenkirchen weiter, ehe am 01.01.2026 auf der Olympiaschanze das traditionelle Neujahrsspringen auf dem Programm steht.

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