Kein Start beim Sommer-Grand-Prix, kein Vergleich mit internationalen Springern und eine quälende Ungewissheit bezüglich der Corona-Pandemie: So wirklich wissen die DSV-Adler weder, wo sie aktuell stehen, noch wo die Reise in der neuen Saison hingeht. Die einzigen Ratgeber in dieser Zeit sind, auf sich selbst zu schauen, fokussiert zu trainieren und vor allem den Spaß am Springen nicht zu vergessen. Die heiße Phase der Vorbereitung hat längst begonnen und die Athleten warten nun sehnsüchtig darauf, dass beim Saison-Auftakt in Wisla die ersten Würfel fallen.

Besonders erwartungsfroh dürfte der frisch gekürte deutsche Meister Markus Eisenbichler auf den Auftakt warten. Der 29-Jährige möchte daran anknüpfen, wo er beim letzten Springen der Vorsaison mit Rang zwei in Lillehammer aufgehört hat. Die Chancen dafür stehen jedenfalls nicht schlecht. So dominierte der Weltmeister die nationalen Titelkämpfe klar und präsentierte sich auch in den Lehrgängen in Top-Form: „Er springt schon länger auf einem sehr gutem Niveau“, bestätigt auch Trainer Stefan Horngacher auf der Pressekonferenz im Rahmen der deutschen Meisterschaften. Von der, für alle Athleten, neuen Corona-Situation, will sich „Eisei“ nicht aus der Ruhe bringen lassen und blickt zuversichtlich in Richtung Winter. „Ich habe trotz allem gut trainieren können und diesen Umstand auch genutzt. Ich möchte meinen Sport ausüben als Skispringer, alles andere werden die Verantwortlichen schon richtig entscheiden“, so Eisenbichler. Gedanken an einen Corona-Bedingten Abbruch der Saison verschwendet der Siegsdorfer jedenfalls nicht. „Ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber, weil ich es eh nicht ändern kann“, erklärt er. Dass bei den meisten Springen wohl keine Zuschauer dabei sein können, schmerzt dem Weltmeister von 2019 dann aber doch etwas. „Natürlich hätte ich gerne Zuschauer dabei, weil das nochmal extra pusht, aber ich werde dennoch alles geben, die Fans vor den Bildschirmen zu begeistern“, so Eisenbichler, der trotz allem den ein oder anderen emotionalen Ausbruch verspricht. „Ich jubele auch manchmal bei guten Sprüngen im Training“, verrät er schmunzelnd.

Karl Geiger mit guter Mine zum bösen Spiel: „Besser Wettkämpfe ohne Zuschauer, als gar keine Wettkämpfe“

Für Teamkollegen Karl Geiger ist das fehlen der Fans gleich doppelt bitter, zumal neben dem traditionellen Tournee-Auftakt auch die Nordische Ski-WM daheim in Oberstdorf stattfinden wird. Trotz allem zeigt er sich bemüht, das Positive aus der Situation zu ziehen. „Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn keine Leute da sind, aber es ist auch eine Challenge, auf die man sich einstellen muss. Besser wir haben Wettkämpfe ohne Zuschauer als gar keine Wettkämpfe“, so der Weltcup-Zweite aus dem Vorjahr. In Hinblick auf den Weltcup-Auftakt zeigt sich der DM-Dritte zuversichtlich. „Wir haben gut trainiert und brauchen uns nicht zu verstecken. Ich schaue auf mich und hoffe beim Auftakt gut dazustehen“, so der Oberstdorfer. Vor der höhepunktreichen Saison hat Geiger in der Vorbereitung ordentlich Gas gegeben. „Ich habe versucht die Anfahrtshocke und den Absprung zu stabilisieren, damit es im Flug noch weiter geht“, erklärt der 27-Jährige. „Zudem habe ich versucht athletisch noch einmal draufzulegen“, fügt er hinzu.

Freund dank verletzungsfreier Vorbereitung wieder in der Spur? – „Bin ganz gut durchgekommen“

Im Training Gas geben, konnte auch der verletzungsgeplagte Severin Freund endlich wieder. Der Fünfte bei den Deutschen Meisterschaften sieht sich bereits wieder auf einem ordentlichen Niveau. „Ich bin ganz gut durchgekommen und stehe athletisch gut da“, zeigt er sich mit der Vorbereitung zufrieden. „Ich bin teilweise gar nicht hinter meinem Niveau von früher, auch wenn ich damals vielleicht körperlich noch mehr vertragen habe. Dafür habe ich aber an Erfahrung gewonnen, was auch an der ein oder anderen Stelle hilft“, erklärt er. Der Schritt zurück in die Weltspitze dürfte dennoch schwierig werden, da das Niveau im Skispringen fortlaufend steigt. „Es schaffen extrem viele vom Absprung schnell ins System zu finden und aerodynamisch zu fliegen. Der Sport entwickelt sich extrem in der Spitze und Breite“, so der Wahl-Münchner. „Mit der Form meiner besten Zeit würde ich heute auch gar nicht mehr ganz vorne reinspringen. So läuft eben die Entwicklung“, gibt er zu. Der Weltmeister von 2015 hat zwar seine Glanzzeiten als großartiges Kapitel in seiner Karriere abgespeichert, konzentriert sich nun jedoch voll auf das Hier und Jetzt. „Ich will mich persönlich weiterentwickeln und das Beste aus der Situation machen“, erklärt er. Ein erster Schritt könnte dabei ein Weltcup-Startplatz zum Saisonauftakt sein.

Wer darf zum Auftakt ran? – „Martin Hamann ist ein fix-Starter“

Mit Markus Eisenbichler, Karl Geiger, Andreas Wellinger, Martin Hamann, Pius Paschke, David Siegel, Richard Freitag und Constantin Schmid als Teamkollegen, ist dieser jedoch gar nicht so leicht. Neben den gesetzten Eisenbichler und Geiger, hat es Bundestrainer Stefan Horngacher vor allem Youngster Martin Hamann angetan. „Martin Hamann ist ein fix-Starter. Er hat sich den Bonus-Startplatz mit zwei Siegen im COC erkämpft und hat im Training bewiesen, dass er auch verdient hat diesen zu nutzen“, so der Bundestrainer über den DM-Zweiten. Zum Team wird trotz mäßiger deutschen Meisterschaften mit großer Wahrscheinlichkeit auch das aktuell größte deutsche Talent, Constantin Schmid, zählen. Wann dieser zur absoluten Weltspitze aufschließen kann, ist laut Horngacher nur noch eine Frage der Zeit. „Ich weiß noch nicht ob es dieses Jahr soweit ist, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er eines Tages auch mal unser Vorflieger sein wird“, zeigt er sich überzeugt vom Potenzial seines Schützlings.

Wellinger begeistert Horngacher: „Können im Winter auf ihn zählen“

Trotz eines etwas missratenen Einzelwettkampfes bei der DM, glaubt dieser auch fest an eine erfolgreiche Rückkehr von Olympiasieger Andreas Wellinger. „Ich sehe seine Entwicklung sehr positiv. Wie er sich zurück gekämpft hat ist imponierend. Er hat im Frühling und Sommer schon sehr starke Sprünge gezeigt, ist aber jetzt etwas in einem Tief“, so Horngacher. Dies sei dem DSV-Coach zufolge jedoch „auch nicht tragisch“. „Besser so, als wenn die Kurve zu schnell nach oben geht. Man wird nämlich etwas arbeitsmüde wenn es zu schnell geht. Wir können aber im Winter auf ihn zählen und ich bin sicher, dass er, wenn er gesund bleibt, gute Platzierungen erzielen wird“, zeigt er sich zuversichtlich. Neben Wellinger hat auch Siegel nach seinem Kreuzbandriss wieder Fuß gefasst. Zwar offenbarte sowohl die DM als auch der Sommer Grand Prix in Wisla, dass der ehemalige Junioren-Weltmeister noch einen weiten Weg vor sich hat, so könnte er dennoch in absehbarer Zeit ins Team finden. Darum kämpft aktuell auch Richard Freitag, der weiterhin auf der Suche nach der Top-Form ist. Wenig Probleme offenbart dagegen Routinier Pius Paschke, der, wie man es von ihm gewohnt ist, konstant ordentliche Sprünge zeigt, die ihm bei der DM sogar Rang vier eingebracht haben. Die komplette Saison fehlen, wird dagegen Stephan Leyhe. Dem Willinger gehe es nach seiner Kreuzbandverletzung zwar sehr gut, so möchten Trainer und Athlet dennoch kein Risiko eingehen.

Horngacher lobt Team-Chemie: „Gibt keine Grabenkämpfe“

Wer beim Auftakt ran darf ist noch nicht final entschieden. Neben der DM spielen auch die Internen Wettkämpfe und die Trainingseindrücke in die Entscheidung des Trainers mit ein. Für das Team ist der harte Konkurrenzkampf jedoch kein Problem. „Es gibt keine Grabenkämpfe, die Jungs verstehen sich gut und das Match wird an der Schanze ausgetragen und auch da hält jeder für jeden die Daumen“, freut sich Horngacher über die positive Team-Chemie. Voraussetzungen, die dem ehemaligen polnischen Nationaltrainer positiv voraus blicken lassen. „Wir haben eine gute Mischung aus Etablierten und Jüngeren. Wir haben ein sehr gutes Team und wollen einen besseren Einstieg haben als im vergangenen Jahr“, zeigt er sich hochmotiviert. Bis dahin stehen nun noch einige Leergänge bevor, bei denen sich die Athleten den letzten Schliff holen wollen. Im Anschluss möchten es Eisenbichler und Co vor allem bei den Highlights Skiflug-WM, Tournee und Nordische-Ski-WM so richtig krachen lassen.

Quelle: interne Informationen

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