Am Bergisel, der berüchtigten „Schicksalsschanze“, mussten sich schon viele Skispringer endgültig vom Traum des goldenen Adlers verabschieden. Vor allem die deutschen Skispringer wie Richard Freitag und Karl Geiger mussten hier (zum Teil mehrfach) ihre Tourneehoffnungen begraben, so auch in diesem Jahr. Anders ergeht es derzeit den starken ÖSV-Adlern, die sich scheinbar von nichts und niemandem aus der Ruhe bringen lassen – auch nicht von einem ausverkauften Stadion in Innsbruck.
Die rot-weiß-rote Mannschaft springt weiterhin in einer eigenen Liga: Der Tournee-Führende Daniel Tschofenig sprang im ersten Durchgang bereits auf beeindruckende 132,5 Meter. Stefan Kraft zog auf seiner Lieblingsschanze nach und ließ nichts anbrennen. Der Sieger der gestrigen Qualifikation, Jan Hörl, setzte er als Letzter des ersten Durchganges noch eins drauf. Dank der guten Verhältnisse und einem absoluten Top-Sprung auf 134 Meter machte er gegenüber seinen Teamkollegen in der Tournee-Wertung sogar etwas an Boden gut und setzte sich in Führung.
Im Finale lieferten sich die drei ÖSV-Topspringer Tschofenig, Kraft und Hörl dann ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen am Bergisel. Der Sieg ging nach einem bärenstarken zweiten Sprung auf 132,5 Meter an Stefan Kraft, der damit seinen allerersten Sieg auf seiner Lieblingsschanze Bergisel sichern konnte. „Es ist ein ganz besonderer Tag, ein echter Kindheitstraum für mich. Jetzt gibt es dann erstmal eine Lasagne, das ist mein Lieblingsessen. Es wird eher ein ruhiger Abend, den Partymodus heben wir uns für den 06. Januar auf“, so Kraft nach seinem Tagessieg. Mit 1,4 Punkten setzte er sich schlussendlich gegen Jan Hörl durch. Tschofenig kam 10 Punkte hinter Kraft auf dem dritten Platz ein.
In der Tournee-Gesamtwertung ist Stefan Kraft damit mit 0,9 Punkten an Jan Hörl vorbeigezogen. Daniel Tschofenig liegt mit 1,3 Punkten ebenfalls nur minimal dahinter.
Deutsche Tournee-Hoffnungen endgültig abgehakt
Für den ersten DSV-Starter Felix Hoffmann lief es im Wettbewerb nicht optimal: Er erwischte keinen guten Sprung und verlor sein Duell. Seine Weite von 115,5 Metern reichte auch nicht für die fünf Lucky Loser. Adrian Tittel hatte ebenfalls Pech und landete zu früh auf 114 Metern. Er schied nach dem ersten Durchgang gegen seinen Duell-Partner Roman Koudelka aus Tschechien aus.
Karl Geigers Duell-Partner, der Amerikaner Kevin Bickner, legte mit 125,5 Metern gut vor. Karl Geiger schaffte zwar eine ähnliche Weite von 124 Metern, strauchelte jedoch bei der Landung, was ihn entscheidende Punkte bei den Haltungsnoten kostete. Damit verpasste er nicht nur den direkten Einzug ins Finale, sondern erlitt auch erneut einen Tiefschlag bei der Vierschanzentournee am Bergisel – eine Schanze, mit der sich der Oberstdorfer vermutlich nicht mehr anfreunden wird. Auch bei Andreas Wellinger geht es aktuell alles andere als leicht von der Hand. Er reihte sich auf dem 13. Platz sein.
Pius Paschke hingegen erwischte im ersten Durchgang endlich wieder einen ordentlichen Sprung auf 128,5 Meter. Dennoch fehlten ihm die entscheidenden Meter zur Spitze, und der Rückstand auf die starken Österreicher wuchs weiter an. Bei seinem zweiten Sprung fehlte ihm dann die Windunterstützung, um noch weitere Plätze gutmachen zu können. Er landete schließlich auf Platz acht. Die deutschen Hoffnungen dürften damit nach der dritten Station endgültig abgehakt sein.
Philipp Raimund, der nach einem starken vierten Platz im Probedurchgang große Erwartungen hatte, fand im ersten Durchgang nicht ganz zu einem lockeren Sprung. „Ich habe jetzt hier in Innsbruck funktioniert wie ein Uhrwerk. Nach dem vierten Platz im Probedurchgang habe ich mir mehr erhofft, wahrscheinlich ein bisschen zu viel. Daher hatte ich dann nicht so ganz die feine Klinge“, erklärt er nach seinem 15. Rang in der ARD. Den positiven Trend nimmt er aber dennoch mit: „Nichtsdestotrotz bin ich sehr zufrieden mit Innsbruck. Man sieht den Aufwärtstrend und dass ich schon Vierter in einem Probedurchgang werden kann verspricht viel.“
Forfang und Deschwanden verlieren weiter an Boden
Gregor Deschwanden erwischte im ersten Durchgang keine einfachen Bedingungen, zeigte aber mit 126 Metern einen starken Sprung. Dennoch verlor er im ersten Durchgang einige Plätze und Meter gegen das starke ÖSV-Trio um Hörl, Kraft und Tschofenig. Im Finale konnte er sich erneut ein wenig anpirschen und sich zumindest auf Platz vier in Schlagdistanz halten. Johann André Forfang konnte als Fünfter insgesamt nicht ganz so gut dagegenhalten. Beide büßten erneut einige Punkte gegen die ÖSV-Adler in der Tournee-Wertung ein.
Für beide dürfte der Kampf in Bischofshofen eine mehr als schwere Aufgabe werden. Das Podest in der Gesamtwertung ist bei beiden mit mehr als 23 bzw. 34 Punkten Rückstand in weite Ferne gerückt. Eins dürfte aber bereits jetzt feststehen: Der Sieger der diesjährigen Vierschanzentournee wird aus Österreich kommen. Die Frage bleibt nur, welcher Name am Ende ganz oben stehen wird.