„Besser spät als nie“: Unter diesem Motto werden am kommenden Freitag auch die Damen in den Weltcup einsteigen. Dabei hätte alles noch schlimmer laufen können. So verhindert lediglich das kürzlich einberufene Springen in der Ramsau, dass der erste Wettbewerb noch im Jahr 2020 stattfinden kann. Wir blicken auf eine Saison voraus, die von der Corona-Pandemie gezeichnet ist und ihren klaren Höhepunkt bei der WM in Oberstdorf finden wird.

Für die Skiflug-Damen wird der Auftakt in Ramsau ein Flug ins Ungewisse. Fehlende Vergleiche und Sommerwettkämpfe sorgen dafür, dass alle Athletinnen Schwierigkeiten haben dürften, ihre aktuellen Leistungen einzuschätzen. Wie der Blick auf den Weltcup-Kalender erkennen lässt, sind die Damen noch stärker von der Pandemie betroffen als ihre männlichen Kollegen. So wird das zweite Weltcupspringen erst am 23. Januar stattfinden. Ein Zeitpunkt, der eigentlich schon mitten in der Saison liegt. „Wenn wir am 23. Januar wieder an den Start gehen, haben die Jungs 16 Wettbewerbe und eine Weltmeisterschaft im Skifliegen bestritten. Ich bin sicher, wenn jemand etwas für uns tun wollte, wäre es möglich gewesen “, ärgert sich Maren Lundby. „So ist es sehr frustrierend, seit März Tag für Tag so viel Zeit damit zu verbringen, um zu trainieren“, erklärt sie gegenüber nordicmag.info. Wenngleich es bislang auch für das ausfallende Springen in Peking noch keinen Ersatz gibt, ist der Kalender jedoch zumindest im Februar und März gut gefüllt. Hier finden auch, mit der WM in Oberstdorf und der Raw Air in Norwegen, die beiden Saison-Highlights statt. Bei der Heim-WM wird es für die Damen, mit dem Einzelspringen von der Großschanze, eine Prämiere und eine zusätzliche Medaillenchance geben. Ein anderer Traum zahlreicher Athletinnen wird jedoch vorerst nicht in Erfüllung gehen. So endet die Raw Air, wie im Vorjahr, in Trondheim. Top-Springerinnen, wie Katharina Althaus äußerten jedoch mehrmals den Wunsch, dass die besten 15-20 Athletinnen der Gesamtwertung in Vikersund zum Skifliegen dürfen. Schon länger im Gespräch ist auch die Möglichkeit, die Damen in die Vierschanzentournee zu integrieren. Angesichts der ohnehin schwierigen Corona-Lage ist dies jedoch vorerst Zukunftsmusik.

Erneuter Zweikampf zwischen Lundby und Hölzl? Das sind die Favoritinnen in der Saison 2020/21

Im Vorjahr tobte ein erbitterter Kampf um den Gesamtweltcup zwischen der Norwegerin Maren Lundby und der Österreicherin Chiara Hölzl. Diesen konnte die Olympiasiegerin, wie schon in den vergangenen zwei Jahren, für sich entscheiden. Mit lediglich 65 Punkten Unterschied fiel das Ergebnis jedoch wesentlich knapper aus als zuvor. Vieles deutet daraufhin, dass es in dieser Saison ähnlich spannend zugehen könnte. So laborierte Lundby im Sommer an einem „Springerknie“, dass durch ein Ungleichgewicht bei der Landung entstanden ist. So verpasste sie mit den norwegischen Meisterschaften einen wichtigen Test und musste im Training andere Wege gehen. Auf der Favoritenliste, ist die 26-Jährige allerdings trotzdem ganz oben.

Gute Chancen dürfte aber auch Chiara Hölzl haben. Die 23-Jährige machte im letzten Winter einen großen Schritt nach vorne und gewann sechs Weltcupspringen. Im Kampf um den Gesamtweltcup gilt es nun auf der Heimschanze in der Ramsau gleich einmal Flagge zu zeigen. „Ich bin richtig happy. Es ist ein Weltcup daheim in Österreich, das ist immer eine coole Sache und dieser Bewerb vor Weihnachten tut uns allen noch einmal sehr gut,“ freut sie sich. Optimistisch geht auch die 16-malige Weltcupsiegerin Daniela Iraschko-Stolz in die neue Saison. „Die Vorbereitung lieg super und ich möchte mich beim ÖSV bedanken, dass Ramsau für Lillehammer eingesprungen ist. Das spricht für unseren Stellenwert in Österreich und umso motivierter sind wir vorne anzugreifen, so die 37-Jährige. Klar ist, dass man auch eine top motivierte Iraschko-Stolz in der neuen Saison auf den Zettel haben muss.

Nach zwei für ihre Verhältnissen schwächeren Saisons, will jedoch auch Sara Takanashi wieder ganz vorne angreifen. Über die derzeitige Form der viermaligen Gesamtsiegerin kann jedoch nur spekuliert werden. Gespannt darf man auch darauf sein, ob die jungen Sloweninnen Nika Kriznar und Ema Klinec einen weiteren Sprung nach vorne gemacht haben. Vom Potenzial her, könnten beide in Zukunft auch ganz vorne mitmischen. Dies gilt auch für die Junioren-Weltmeisterin Marita Kramer. „Letztes Jahr ist es für mich extrem steil bergauf gegangen. Mein erster Weltcup-Sieg war ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Darum sind meine Erwartungen heuer natürlich schon höher, als in der letzten Saison. Ich möchte vorne mitspringen und mich in den Top-10 etablieren“, erklärt sie. Vorerst fehlen wird dagegen die 32-jährige Eva Pinkelnig. Nach einem schweren Trainingssturz in Seefeld ist aktuell noch nicht klar, wann die Weltcupdritte des Vorjahres in den Weltcup zurückkehren kann.

Deutschland hofft auf Doppelspitze Althaus & Seyfarth

Im zuletzt so verletzungsgeplagten deutschen Team, liegen die Hoffnungen auf Katharina Althaus und Juliane Seyfarth. Vor allem die Oberstdorferin Katharina Althaus wird mit voller Motivation in eine Saison gehen, in der die WM quasi vor der eigenen Haustür stattfindet. Mit Rang fünf im Gesamtklassment 2019/20 gehört die 24-Jährige zum Favoritenkreis, wenngleich sie im Vorjahr nicht konstant an ihre besten Leistungen anknüpfen konnte. Trotz fehlender Vergleiche mit der internationalen Konkurrenz, geht Althaus zuversichtlich in die Saison. „Ich bin ganz froh mit Juliane Seyfarth jemand im Team zu haben, woran man sich orientieren kann und die in den letzten Jahren auf dem gleichen hohen Niveau gesprungen ist. Ich für mich bin auch noch einmal einen Schritt vorwärts gekommen und daher zuversichtlich, dass ich auch international gut dabei bin“, erklärt sie. Anhand der rasanten Entwicklung des Damen-Springens weiß sie jedoch auch, dass Top-Platzierungen keine Selbstverständlichkeit sind. „Das Feld ist in den letzten Jahren eng zusammengerückt. Man muss über die Wochenende konstant mega Leistungen bringen und bei kleinen Fehlern steht man sofort neben dem Podest. Das ist aber auch gut und spannend so“, erklärt die beste DSV-Adlerin der letzten Jahre. Bei den deutschen Meisterschaften in Oberstdorf, trennten Althaus und ihre Teamkollegin Juliane Seyfarth eine Winzigkeit von 0,5 Punkten. Ein Indiz, dass auch die 30-Jährige im Weltcup wieder vorne mitmischen könnte. Nach Rang drei im Gesamtweltcup 2019, reichte es im Vorjahr nur für einen elften Rang. Damit es nun wieder ganz nach vorne geht, hat sie vor allem am Absprung gearbeitet. „Ich denke auf jeden Fall, dass mein Absprung besser und stabiler geworden ist, sodass ich die Basis für gute Sprünge da ist. Eine schöner Telemark und ein guter Flug hilft nichts, wenn es beim Absprung nicht gepasst hat“, verrät sie.

Carina Vogt und Ramona Straub vor Rückkehr: Was ist von den restlichen deutschen Starterinnen zu erwarten.

Wie Bundestrainer Andreas Bauer auf der Pressekonferenz bestätigte, werden neben den beiden Vorfliegerinnen vorerst Agnes Reisch, Selina Freitag, Anna Rupprecht und Luisa Görlich zum Aufgebot zählen. Zu große Erwartungen will der DSV-Trainer dem Quartett jedoch nicht aussetzen. „Anna Rupprecht hat sich nach einem Kreuzbandriss und einen Knorpelschaden ins Weltcup Team zurück gekämpft. Für sie war es ein harter und steiniger Weg, aber sie macht mir einen gefestigten Eindruck und kann in die Punkteränge springen“, so Bauer. „Luisa Görlich hat nach ihrer ersten Weltcupsaison ebenfalls gute Möglichkeiten Weltcuppunkte zu sammeln. Das gilt auch für Agnes Reisch, die mit Platz drei bei den deutschen Meisterschaften auf sich aufmerksam machen konnte und einen starken Absprung besitzt“, führt er fort. Auf dem richtigen Weg sieht er auch, die mit 19 Jahren jüngste deutsche Athletin, Selina Freitag. „Sie macht mir einen gefestigteren Eindruck als im letzten Eindruck als im Vorjahr, wo im Weltcup viele neue Eindrücke auf sie eingeprasselt sind“, so der Damen-Coach. Für Spitzenplätze werden jedoch nur zwei deutsche Springerinnen in Frage kommen. „Es ist schon so, dass unsere Leaderinnen Katharina Althaus und Juliane Seyfarth vorne wegspringen“, bestätigt er. Um diese Lücke zu schließen, hofft Bauer auch auf die zuletzt Langzeitverletzten Ramona Straub und Carina Vogt. “ Sie befinden sich auf dem Wege der Besserung. Aktuell hat Carina Vogt die erste Trainingseinheit auf Schnee nach einem Jahr und neun Monate gemacht. Sie war extrem motiviert und hat sich sehr gefreut, nach vielen Monaten in der Reha und Kraftkammer wieder springen zu können. Zum Glück ist alles gut gegangen und das Knie hat keine Beschwerden gemacht“, so Bauer. Die Rückkehr in den Weltcup könnte dem DSV-Trainer zufolge bereits Ende Januar stattfinden. Ramona Straub erwartet Bauer auch noch vor Weihnachten auf der Schanze. Hier müsse aber noch abgewartet werden, ob das Knie der Belastung stand hält. Nicht mehr zurückkehren wird dagegen Gianina Ernst, die ihre Karriere nach mehreren schweren Knieverletzungen beendet hat. Ein Hintertürchen gibt es dagegen bei Svenja Würth, die vor einem Jahr zu den Kombiniererinnen gewechselt ist. Dort wird sie auch im kommenden Winter an den Start gehen, könnte sie bei der WM in Oberstdorf für das deutsche Team im Mannschaftsspringen infrage kommen.

Bauer schlägt Alarm: „Müssen uns schnell Konzepte überlegen“

Während der Bundestrainer prinzipiell positiv in die Saison schaut, bereitet ihm die Zukunft jedoch langfristig gesehen sorgen. „Im Nachwuchs haben wir schon unsere Probleme und müssen uns schnellstmöglich Konzepte überlegen. Ein Problem sind die schneearmen Winter, die es nicht leicht machen. Die Kinder, die an die Schanzen kommen wollen natürlich Skispringen und das Erlebnis haben. Dafür brauchen wir aber natürlich präparierte Schanzen. Zum anderen ist da noch Corona, wodurch der Vereinssport brach liegt. Das sind Dinge, die uns weh tun und da müssen wir schnellstmöglich die Köpfe zusammenstecken und Konzepte entwickeln, damit wir für die Zukunft kein zu großes Loch auftut“, warnt der DSV-Trainer. Wichtig wären insbesondere auch Top-Leistungen von Katharina Althaus und Juliane Seyfarth, die den potenziellen Nachwuchs vor den Bildschirmen begeistern und motivieren.

Quellen: DSV-Pressekonferenz, ÖSV

Das können wir von den Deutschen erwarten

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