Der Sommer-Grand-Prix bietet nicht nur für die Skispringer die Möglichkeit, am passenden Set-Up zu schreiben, sondern auch eine Spielwiese für die FIS, um neue Formate zu testen. Demnach weist auch der von der FIS veröffentlichte Kalender 2022 eine Besonderheit auf, die wir so bislang noch nicht gesehen haben. Im rumänischen Rasnov werden wir am 18. September erstmals das Format “Super Team“ verfolgen können. Wir nutzen die Gelegenheit, um dieses neue Projekt kurz vorzustellen.

Seit Jahren dominieren die großen Nationen Deutschland, Norwegen, Österreich, Slowenien, Polen und Japan das Geschehen. Die weiteren Teilnehmer-Staaten verblassen hingegen zunehmend und spielen bestenfalls mit dem ein oder anderen Athleten mal eine Nebenrolle. Aus diesem Grund ist es keine Seltenheit, dass bei einem Teamwettbewerb im Weltcup nur acht bis neun Nationen an den Start gehen. Neben der Schweiz, Russland, Finnland und vereinzelt Kasachstan und Tschechien bringt kaum mal ein Land vier Leute an den Start.

Aus diesem Dilemma ist die Idee entstanden, dass künftig das Format „Super Team“ kleinen Nationen eine Chance erteilt und für zusätzliche Abwechslung sorgen soll. Beim Super Team springen nämlich nicht wie gewohnt vier Springer, sondern nur zwei Springer, deren Punktzahlen am Ende addiert werden. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass auch Nationen wie die USA, Kanada, Frankreich, Estland, Italien oder die Türkei mitmischen können. Zudem hätten weniger ausgeglichene Nationen vielleicht die Chance, mit zwei guten Leuten vorne mitzumischen.

Wegbereiter dieses neuen Formates war insbesondere Sandro Pertile. „Wir haben die Idee mit den Trainern besprochen und es gibt ein hohes Interesse an diesem Format, das auch seitens der Zuschauer mehr Interesse an unserem Sport erzeugen kann“, erklärte der FIS-Renndirektor gegenüber „skijumping.pl“. Beim FIS-Kongress Ende Mai wurde der Vorschlag abgesegnet und bleibt somit im Programm für den Sommer GP.

Erreicht das neue Super-Team-Format wirklich die Fans? Einige Schwächen sind offenkundig


Zwar ist dieses Format als völlig neue Wettkampfform sicherlich mal einen Versuch wert, jedoch lassen sich einige Schwächen erkennen, die die Idee mitbringt. Ein Problem ist sicherlich, dass der Wettkampf insbesondere für Stadienbesucher einige Wünsche offen lässt. Angenommen 14 Nationen nehmen am Super Team Teil, beinhaltet ein Wettbewerb lediglich 44 Sprünge, da sich ja nur die besten acht Teams für das Finale qualifizieren. Damit sehen die Zuschauer nur gut die Hälfte der Sprünge, verglichen zu einem normalen Einzelspringen. Da Teams wie Deutschland, Österreich, Norwegen, etc. auch deutlich mehr als zwei gute Springer stellen könnten, fehlen einige Stars der Szene komplett. Nur der harte Kern der Zuschauer wird sich dazu entschließen, trotzdem einen Stadionbesuch vorzunehmen.

Im Falle von Rasnov lautet die Lösung, dass man Mixed-Springen und “Super Team“ an einem Tag austrägt. Somit ist für die Menschen Vorort natürlich mehr geboten, jedoch müssten die Wettkämpfe dementsprechend auch dicht getaktet stattfinden. Mit zwei Events am Tag könnte man jedoch bzgl. des TV-Fensters Probleme bekommen. An einem vollen Wintersport-Tag könnten weniger populäre Formate schon mal hinten runter fallen. Auch in Sachen Gleichberechtigung ist der Weg von Rasnov ein wenig kritisch zu betrachten. Nach dem Mixed-Springen gibt es nur ein Super Team der Herren, nicht aber der Damen. Klar: Drei Wettbewerbe am Tag sind ein wenig viel und die Herren locken mehr Publikum an, jedoch zeigt es erneut, wer im Zweifel zurückstecken muss.

B-Besetzungen drohen: Ist das Super Team sportlich wertvoll?


Zudem droht die Gefahr, dass das Super Team entwertet wird, weil die Nationen an einem von beiden Wettbewerben nicht die stärkste Mannschaft bringen können. Letztlich bietet das natürlich die Chance für Teams wie die Schweiz oder Russland, mal einen Coup zu landen, jedoch möchte der Zuschauer die besten Teams und die besten Springer sehen. Ansonsten ist ein solches Springen sportlich kaum wertvoll. Ansonsten würde sich am Kräfteverhältnis kaum was ändern. Die sechs Top-Teams sind auch in diesem Format klar am stärksten, ehe Schweiz, Russland und an guten Tagen noch Finnland folgen. Nationen wie USA, Kanada, Italien etc. haben dennoch kaum eine Chance, überhaupt unter die Top 8 zu kommen.

In Sachen Punkteverteilung läuft das Ganze ähnlich wie beim Mixed-Team, wo die Punkte zu 50 Prozent in den Nationen Cup einfließen.  Somit erhält das Siegerteam 200 Punkte, die Plätze zwei und drei erhalten 175 bzw. 150 Punkte. Von dort an geht es in 25er-Schritten abwärts, ehe das Team auf Rang acht noch 25 Zähler ergattert. Die weiteren Duos ergattern keine Punkte.

Letztlich sei gesagt, dass Innovationen immer gut und wichtig sind. Es gilt allerdings auch, dass Skispringen in erster Linie ein Individualsport ist und das auch bleiben wird. Im Endeffekt kommt es schließlich nicht wirklich auf eine Zusammenarbeit im Team an, sondern wer bei den einzeln aufaddierten Punkten am besten abschneidet. Demnach muss man aufpassen, dass man nicht zu viele Team-, Mixed oder Super-Team-Springen im Kalender aufnimmt. Für den Winter 2022/23 ist kein Super-Team-Wettbewerb geplant.

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