Foto: Martina Sauerstein

Der letzte internationale Vergleich beim Sommer-Grand-Prix in Klingenthal endete für Andreas Wellinger mit dem 26. Platz im Einzelwettbewerb. Skispringen-News.de hat sich mit ihm über seinen derzeitigen Leistungsstand und die bevorstehende Wintersaison unterhalten. Gleichzeitig blicken wir mit Andreas Wellinger zusammen auch noch einmal auf das „Zielspringen“ in Zakopane zurück und sprechen über die Einführung der gelben und roten Karten, die er sehr kritisch sieht.

Skispringen-News.de: „Servus Andi, wie bist du mit dem Verlauf des Sommer-Grand-Prix bei dir zufrieden? Und was ist noch zu tun bis zum Winter?“

Andreas Wellinger: „Wirklich zufrieden bin ich nicht. Es ist ein sehr holpriger Sommer gewesen, aber trotzdem ist es jetzt – speziell in Hinzenbach und in den letzten Wochen beim Training – wieder bergauf gegangen. Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis es in Lillehammer losgeht. Da gibt es noch einiges zu tun, vor allem die Sprünge auf ein höheres Niveau zu bringen und sie dann auch zu stabilisieren. Wir haben dann vier Monate, und je früher die Form passt, desto lieber ist es mir.“

Skispringen-News.de: „Was sind die größten Veränderungen im Vergleich zur vorherigen Saison?“

Andreas Wellinger: „Wir haben ein paar neue Regeländerungen, die einen intensiven Sommer mit sich gebracht haben. Da hat, glaube ich, jeder so ein bisschen für sich ein neues Setup finden müssen. Das hat bei mir länger gedauert, aber jetzt bin ich soweit ganz zufrieden, wie das System in der Luft zu gleiten anfängt. Jetzt brauche ich einfach Sprünge, Vertrauen und ein stabiles, höheres Niveau.“

Skispringen-News.de: „Du bist ja auch Fußballfan – Stichwort: Einführung gelbe und rote Karten. Wie ist deine Einschätzung hierzu?“

Andreas Wellinger: „Es ist ein schwieriges Thema. Wie genau das jetzt funktionieren soll, weiß ich selber noch nicht. Hätte ich in Hinzenbach letzte Woche beispielsweise eine gelbe Karte gekriegt? Ich glaube ja, weiß es aber nicht genau. Und dann ist es, wie ich finde, schwierig, denn man kann ein Vergehen schlecht vergleichen. Es gibt das eine, das passiert, das andere, das ist mutwillig, und dann gibt es irgendwas dazwischen – das zu pauschalisieren, finde ich enorm schwierig. Wenn es im blödesten Fall am Freitag in der Quali Gelb-Rot gibt, ist man Samstag, Sonntag sowie am Folgewochenende gesperrt, und gleichzeitig verliert die Nation auch den Startplatz der gesperrten Person. Es ist ja nicht einmal so, dass dann ein anderer nachrücken darf – und ich weiß nicht, ob ich das gut finde.“

Skispringen-News.de: „Wie siehst du die anderen Formate, die zuletzt im Skispringen getestet worden sind? Das ‚High-Five-Format‘ sowie das Zielspringen, das beim Show-Event von Red Bull stattgefunden hat und bei dem du extrem treffsicher warst?“

Andreas Wellinger: „Es ist gut, dass man sich Gedanken macht, wie man Skispringen weiterentwickeln und etwas Spannendes für die Zuschauer vor Ort und daheim vor dem Fernseher bieten kann. Das ‚High-Five-Format‘ habe ich tatsächlich überhaupt nicht verfolgt, weil ich im August etwas anderes gemacht habe. Soweit ich aber von den Jungs gehört habe, ist es eher schwierig. Du machst zwar Sprünge, aber am Ende wird alles gestrichen, und es geht effektiv nur um einen Durchgang. Wie wir es aus dem Skispringen kennen, ist es oft wechselhaft, und da sollte nicht der Glücklichste, sondern der Beste gewinnen. Mit zwei Durchgängen gleicht sich das doch meist aus.

Das Zielspringen in Zakopane war mal ganz was anderes. Es hatte irgendwie so einen Saisonabschluss-Flair. Wie du richtig sagst, treffsicher war ich in dem Fall. Ich hätte nicht gedacht, dass drei Teams innerhalb eines halben Meters zusammenliegen und das vierte Team mit einem halben Meter schon neben dem Podest steht. Da würde ich sagen, war der sportliche Wert irrelevant – es war einfach ein cooler Saisonabschluss mit durchgemischten Teams. Ich würde sagen, jeder, der das live oder vor dem Fernseher verfolgt hat, hat es ebenfalls als cool empfunden. Ich habe selten Fans jubeln sehen, wenn Gregor Deschwanden 107 Meter genau auf die Linie springt, wo jeder normalerweise sagt: ‚Oh, scheiße‘ (lacht). Deswegen fand ich das Format ganz witzig.“

Skispringen-News.de: „Lass uns noch einen Blick auf die neue Wintersaison werfen. Mit welchen Zielen trittst du an? Es ist natürlich das Olympia-Jahr – da müssen wir nicht drum herumreden.“

Andreas Wellinger: „Ja, aber neben Olympia haben wir dreieinhalb Monate zusätzlich mit einer Skiflug-WM und der jährlichen Vierschanzentournee. Fürs Erste heißt es, ein besseres Gefühl und mehr Stabilität für den Start in Lillehammer zu erarbeiten. Wenn mir das gelingt, kann ich auch wieder vorne mitkämpfen. Ansonsten ist es so wie jetzt – eben noch nicht zufriedenstellend. Also heißt es zunächst, die Sprünge stabilisieren, und dann können wir über Ziele reden.“

Skispringen-News.de: „Dankeschön und viel Erfolg dabei!“

Andreas Wellinger: „Merci.“

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