Der Samstag war ein bitterer Tag für den Skisprungsport. Ein Tag, den niemand möchte, der aber vielleicht notwendig war, um erneut Veränderungen anzustoßen. Die Ereignisse der Weltmeisterschaft in Trondheim haben erneut gezeigt, wie fragil die Glaubwürdigkeit des Sports geworden ist.
Was sich im norwegischen Team abgespielt hat, ist ein Skandal, der alle bisherigen Vorfälle in den Schatten stellt. Manipulation, gefolgt von der angeblichen Unwissenheit des norwegischen Sportdirektors vor laufender Fernsehkamera und der Versuch, alles unter den Teppich zu kehren – das ist nicht nur unsportlich, sondern auch schlicht dumm. Wenn das Ziel ist, das Beste aus sich und dem Material herauszuholen, dann doch bitte innerhalb der Regeln, wie es alle anderen (scheinbar) auch versuchen. Dass auch in den anderen Teams teilweise an oder über das Limit hinausgegangen wird, kam bereits öfter vor – was folgen sollte oder muss ist eine Disqualifikation. Doch was wir hier erleben mussten, war ein betrügerischer Angriff auf die Grundwerte des Sports. Auch die Tatsache, dass Forfang und Lindvik selbst nichts von den Veränderungen an ihren Anzügen gewusst haben wollen – wo dieser doch sowas wie ihr Heiligtum ist (bzw. sein sollte), wirft Fragen auf und sorgt für mehr Unglaubwürdigkeit.
Dass der Internationale Ski- und Snowboardverband FIS zunächst zögerlich auf die kursierenden Videos reagierte und den eingelegten Protest von Österreich, Polen und Slowenien am Wettkampftag ablehnte ist zum einen zwar verständlich, aber dennoch genauso enttäuschend. Auf der Plattform X wurden am Samstag drei Videos von dem polnischen Sport.pl-Journalisten Jakub Balcerski veröffentlicht. Ein Video wurde später auch im Rahmen der Berichterstattung der ARD gezeigt. Was sich dort offenbarte, ließ sofort vermuten, dass es sich um einen Betrugsversuch handeln musste. Die Worte von FIS-Materialkontrolleur Christian Kathol gegenüber der ARD zu Beginn des Wettbewerbes, die Anzüge der Norweger seien regelkonform, wurden durch die spätere Disqualifikation von Kristoffer Eriksen Sundal (nach dem ersten Durchgang) und die Bestätigung der Manipulation an Lindviks und Forfangs Anzug ins Gegenteil verkehrt. Der Grund? Nach gründlicher Prüfung ihrer Anzüge im Anschluss an den Wettbewerb wurde festgestellt, dass die Norweger scheinbar in den Anzug versteckt ein steifes Band vom Knie nach oben zum Schritt eingenäht haben, was den Schritt während des Sprungs automatisch weiter unten hält, um somit mehr Fläche zu erreichen und besser Segeln zu können – eine klare Manipulation. Stellt sich die Frage, wenn diese Manipulation ernst nach einem regelrechten Auseinandernehmen der Anzüge zum Vorschein kam, wer sagt uns, dass so etwas nicht schon vorher gemacht wurde?
Die Glaubwürdigkeit der Entscheidungen und letztlich aller vergebenen Medaillen wurde damit doch stark erschüttert. Kann man die Goldmedaille von Marius Lindvik auf der Normalschanze sowie die Mixed-Team-Goldmedaille der Norweger dann überhaupt noch ernst nehmen? Wohl kaum.
Was bleibt? Fassungslosigkeit. Die Materialschlacht hat den eigentlichen sportlichen Gedanken längst überrollt. Wer kann heute noch sicher sein, dass er einen fairen Wettbewerb sieht? Solche Vorfälle schaden nicht nur den beteiligten Athleten, sondern dem gesamten Sport. Sie rücken das, worum es bei einer Weltmeisterschaft wirklich gehen sollte, in den Hintergrund: den Wettkampf und die Leistungen der Athleten. Umso trauriger, wenn eine Mannschaft dann ausgerechnet bei der WM vor eigener Haustür eine solche Aktion durchzieht.
Für die FIS besteht nun dringend Handlungsbedarf. Strengere Regeln, klarere Kontrollen sowie mehr Transparenz und vor allem Konsequenz bei der Umsetzung sind unverzichtbar, wenn wir das Vertrauen in diesen Sport wiederherstellen wollen. Denn ohne Vertrauen verliert der Sport seinen Wert.
Skispringen-news.de – Chefredakteurin, Konstanze Schneider
Alle gewonnenen Titel die mit der Schanze zu tun haben abererkennen..ich denke das wäre die lehrreiche Bestrafung des Norwegischen Skiverbandes…