Inmitten des Weltcup-Wochenendes von Willingen und im Vorfeld der Olympischen Spiele haben sich Trainer Stefan Horngacher sowie die Olympia-Starter Karl Geiger, Markus Eisenbichler und Stephan Leyhe im Rahmen der DSV-Pressekonferenz zu Wort gemeldet. Wir haben die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.
Der Bundestrainer Stefan Horngacher zeigte sich sehr zufrieden mit der Form der deutschen Athleten und traut insbesondere Karl Geiger und Markus Eisenbichler viel zu. Allerdings weiß auch Horngacher, dass es viele Favoriten gibt, „die alle gewinnen können“. Mit Edelmetall soll es in Peking allerdings trotz der starken Konkurrenz klappen. „Wir wollen um die Medaillen mitspringen. Das ist unser Anspruch und das wird von uns erwartet. Wir haben gute Springer, die das schaffen können“, ist er sich sicher. Dies gilt natürlich insbesondere für Karl Geiger, der sich „nicht beirren lassen darf und gewisse Knotenpunkte im Sprung automatisieren muss“, um ganz vorne zu landen.
Damit der Traum von den olympischen Medaillen nicht schon vorab platzt, vermeidet das Team Kontakte mit dem Umfeld und sogar dem engsten Familienkreis. Angst vor positiven Tests hat Horngacher demnach weniger. „Wenn man die gesundheitlichen Sachen und die Maskenpflicht einhält, hat man eine große Chance, negativ zu sein“, erläuterte er. Neben dem allgegenwärtigen Thema Corona, gilt es jedoch auch noch ein paar andere Aspekte zu beachten. Da wäre zum einen die Zeitumstellung. „Wir werden uns den chinesischen Zeiten anpassen“, versicherte der Coach mit dem Verweis darauf, dass einige Trainingsdurchgänge bereits am Vormittag stattfinden werden. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die Schanzenanlagen deutlich höher gelegen sind, als die Schanzen im Weltcup. „Die Luft ist natürlich dünner, hat Auswirkungen auf die Aerodynamik und wird sicherlich eine Challenge werden“, erklärte der DSV-Coach, der seine Schützlinge darauf jedoch gut vorbereitet sieht. Ansonsten zeigte sich Horngacher als großer Fan der Olympia-Anlagen. „Sie sind bombastisch von der Optik und von den Lichteffekten. Wenn die Chinesen sich das leisten können ist das ok. Wir werden das Ambiente genießen, aber letztlich bleibt Skispringen übrig“, erklärte er.
Karl Geiger möchte „gute Wettkämpfe machen und Spaß haben“
Deutschlands Vorflieger Karl Geiger hat sich spätestens in Neustadt in den Kreis der ganz heißen Medaillenanwärter zurückgemeldet. „Neustadt war für mich unglaublich gut. Ich habe jetzt noch die Zeit zum Koffer packen und zum Heimtraining genutzt“, erklärte der aufgeräumt wirkende Weltcup-Führende.
Ganz so einfach fällt ihm die Zeit fernab seiner Familie trotz all der Highlights und Erfolge jedoch nicht. „Man muss sich disziplinieren und strikt bleiben. Ich hatte zuletzt nicht viel Kontakt zu Frau und Kind. Sie waren bei sich in der Heimat, aber wir haben jeden Tag Kontakt per Video“, erklärte der Familienvater. Die räumliche Trennung nimmt er jedoch für seine großen Ziele in Kauf. „Es wird schon eine lange Zeit, aber andererseits fahre ich nach China zu den Spielen und das ist das Größte, was man erleben kann. Ich brenne für den Sport und kann das auch ganz gut differenzieren“, erläuterte der Oberstdorfer.
Geiger fährt mit Rückenwind zu den Spielen, was insbesondere daran liegt, dass er bereits bei seinem ersten Olympia-Auftritten 2018 gute Erfahrungen machen konnte. „Ich habe sehr schöne Erinnerung im Kopf. Deshalb fahre ich mit einem guten Gefühl rüber“, erklärte er. Auf eine genaue Zielvorgabe will sich der Skiflug-Weltmeister jedoch nicht einlassen. „Gute Wettkämpfe, schöne Sprünge und Spaß haben“, so die Devise des Super-Adlers. Nun möchte er sich nicht „im Detail verlieren“ und setzt auf die „super Zusammenarbeit mit Stefan Horngacher. In die Diskussionen um das Ausrichterland China möchte die Medaillenhoffnung nicht einsteigen. „Ich habe einen anderen Job in Peking. Damit müssen sich die Politiker befassen und ich halte mich da mit meiner Meinung zurück“, stellte er klar.
Eisenbichler sieht noch Luft nach oben: „Gibt eine Baustelle am Absprung“
Markus Eisenbichler durchlebt in dieser Saison immer wieder Höhen und Tiefen. Zuletzt zeigte er sich beim Heim-Weltcup in Neustadt jedoch wieder sehr gut in Fahrt. „Es ist noch nicht optimal. Es gibt eine Baustelle am Absprung, aber ich bin positiv gestimmt, dass ich das auch wieder hinbekomme“, zeigte er sich optimistisch. Die ungewohnte Höhe sieht die zweite deutsche Trumpfkarte schon mal nicht als Problem an. „Auf der Höhe taugts mir ganz gut. Ich bin auch daheim auf den Bergen unterwegs auf 2000 oder 3000 Meter. Wir werden sehen wie es da drüben dann ist, aber ich konzentriere mich eh auf das sportliche“, erklärte er. Von der Schanze ist der Weltmeister aus dem Jahr 2019 durchaus beeindruckt. „Die Schanze ist natürlich ein wenig überdimensional, schaut aber schon mega cool aus. Ich freue mich, von der zu springen“, so der Flugkünstler. Ähnlich wie Kollege Geiger möchte auch er sich zu politischen Themen zurückhalten. „Das sollen die Politiker machen. Man hätte sich vorher überlegen sollen, wohin man die Spiele vergibt. Ich kann daran nichts ändern“, berichtete er. Trotzdem freut sich Eisenbichler darauf, wenn möglich ein bisschen was von der chinesischen Kultur kennen zu lernen. Der 30-Jährige würde unter anderem die Chinesische Mauer gerne sehen. „Vielleicht haben wir Zeit dafür“, zeigte er sich hoffnungsvoll.
Leyhe fährt mit Zuversicht nach Peking: „Die Leistungskurve stimmt“
Ähnlich wie Markus Eisenbichler ging zuletzt auch bei Stephan Leyhe die Formkurve wieder nach oben. Daran möchte der Springer, der sich nach seinem Kreuzbandriss so stark zurückmelden konnte, nun anknüpfen. Die Schanzen sollten dem Willinger entgegenkommen. „Meine Stärken liegen im Absprung und bei Schanzen auf großen Höhen, wo weniger Druck unter dem Ski ist“, erklärte der drittstärkste Deutsche der laufenden Saison. Der 30-Jährige gab zu, dass er nach seiner Verletzung durchaus an die Spiele gedacht hat und sich nicht sicher war, ob er bis dahin wieder in eine gute Form komme. Derzeit sieht jedoch alles top aus. „Die Leistungskurve hat so gestimmt, dass ich jetzt gut körperlich gut in Form bin“, zeigte er sich zufrieden. Dies bestätigte ihm auch Stefan Horngacher, der nur noch im technischen Bereich ein paar Details zum verbessern entdeckt hat.
Schmid spricht offen über schwere Wochen im Weltcup: „Habe viel gehadert und gezweifelt“
Constantin Schmid hat definitiv keine leichten Wochen hinter sich und musste um die Teilnahme an den Spielen lange bangen.
„Ich habe viel gehadert, gezweifelt und mir Druck gemacht wegen der Nominierung“, erinnert sich der Youngster an die schweren Wochen. „Es war sehr viel Unruhe in meinem Kopf und habe die Basics nicht mehr so beherzt wie ich sollte“, erklärte er. Erst als er sich selbst in den Kopf gesetzt hatte, dass es eigentlich egal sei, ob er mitfahre und einfach wieder gut Skispringen müsse, sei der Knopf wieder aufgegangen. „Es ist jetzt immer besser geworden. Ich hoffe, dass ich da weiter arbeiten kann“, zeigte er sich zuversichtlich. Nun gilt es nur noch, „mit einem besseren Gefühl durch den Radius zu kommen“. Auf die Olympia-Schanzen freut sich der DSV-Adler schon jetzt. Für mich sieht die Anlage sehr cool aus. Ich freu mich vor allem auf die 90er Schanze, weil das genau mein Metier ist“, verkündete Constantin Schmid.
Paschke freut sich auf Olympia-Debüt: „Es war immer mal ein Traum“
Pius Paschke musste von allen DSV-Adlern am längsten um die Teilnahme zittern. Der Olympia-Debütant berichtete, dass sogar sein Umfeld nicht mehr daran geglaubt hatte, dass es für die Spiele reicht. Grund dafür ist die zähe Formkrise des Springers, die seit dem Tournee-Start andauert. Durch die zu spät erzielte Norm von Severin Freund bekam der Routinier allerdings den Zuschlag und möchte die Gelegenheit jetzt nutzen.
„Ich fahre mit sehr viel Vorfreude nach Peking und bin gespannt wie es wird. Es war immer mal ein Traum zu Olympia zu fahren. Ich sehe es nicht als Selbstverständlichkeit an, da steckt viel Arbeit dahinter“, erklärte Paschke. Selbstredend möchte der Athlet jedoch nicht nur als Tourist dabei sein, sondern auch auf der Schanze endlich wieder sein Potenzial abrufen. „Es ist eine sehr moderne Anlage und etwas höher gelegen. Man kann sich darauf schon einstellen“, ist sich der Springer sicher. Wir hoffen, dass ihm das auch gelingt.