Mit jedem Jahr wird die Weltspitze beim Skispringen der Damen stärker und größer. Inzwischen gibt es nicht nur vier, fünf Springerinnen, die die Podiumsplätze unter sich ausmachen, sondern locker doppelt so viele. Mit Maren Lundby kehrt zudem eine Weltklasse-Springerin der letzten Jahre zurück. Wir werfen einen Blick auf die Favoritinnen im anstehenden Winter.

Ursa Bogataj

Die Olympiasiegerin und Gesamtweltcup-Dritte des Vorjahres geht als Favoritin in die anstehende Saison. Bogataj dominierte den Sommer-Grand-Prix mit drei Siegen und zwei zweiten Plätzen bei fünf Teilnahmen. Die 27-jährige Slowenin ist die wohl absprungstärkste Athletin im Weltcup, was ihr insbesondere auf kleineren Anlagen entgegen kommt. Inzwischen verfügt sie jedoch auch über die Flugfertigkeiten und das nötige Selbstvertrauen, um auf den großen Anlagen mithalten oder sogar dominieren zu können. Bogataj hat im Sommer den mit Abstand besten Eindruck der Top-Springerinnen hinterlassen. Der Kampf um den Gesamt-Weltcup kann nur über sie gehen.

Nika Kriznar

Kriznar lieferte sich in der vergangenen Saison einen engen Fight mit Bogataj und schloss die Gesamtwertung knapp vor ihrer Landsfrau auf dem zweiten Platz ab. Die Olympia-Bronze-Gewinnerin startete mit den Rängen 1,2 und 3 gut in die Sommer-Saison. Im Training vor dem SGP-Springen in Rasnov verletzte sich die 22-Jährige jedoch am Fuß und musste einige Wochen pausieren. Demnach ist nicht ganz klar, wie gut die Form von Kriznar wirklich schon wieder ist. Die junge Slowenin besitzt wohl den aggressivsten und furchtlosesten Sprungstil der Konkurrenz und ist damit insbesondere auf großen Anlagen kaum zu bezwingen. Auf Normalschanzen fehlt ihr im Vergleich zu Boagataj oft ein wenig die nötige Höhe. Trotz der Verletzungspause im Herbst, zählt Kriznar zu den Top-Favoritinnen.

Ema Klinec

Die Weltmeisterin von Oberstdorf (NH) ist seit einigen Jahren ein fester Bestandteil der Weltspitze. Klinec ist fast immer in den Top 6 zu finden und ist stets für einen Podiumsplatz gut. Im Sommer zeigte sie sich nur in Klingenthal, sprang dabei jedoch auf den dritten Rang. In der slowenischen Hierarchie ist die 24-Jährige sicherlich knapp hinter Bogataj und Kriznar zu sehen, jedoch lässt sich diese ja auch auf den Kopf stellen. Klinec gehört auch in der anstehenden Saison zum Kreise der Athletinnen, die um Siege und Podestplätze mitspringen können, selbst wenn 2-3 andere Springerinnen einen Ticken stärker einzuschätzen sind.

Marita Kramer

Bis zu ihrer Corona-Erkrankung und der verpassten Olympia-Teilnahme war Marita Kramer klar die beste Springerin im Feld. Aus diesem Grund hat die Österreicherin den Gesamt-Weltcup auch gewonnen, obwohl sie nach dem Olympia-Drama nicht mehr ganz an ihre Top-Leistungen anknüpfen konnte. Im Sommer sprang Kramer beim GP-Auftakt auf die Ränge zwei und fünf, ehe sie erst wieder in Klingenthal aufkreuzte. Dort erlebte die 21-Jährige ein echtes Horror-Wochenende mit zwei missratenen Sprüngen im Mixed-Wettbewerb und einer Disqualifikation in der Qualifikation. Kurz darauf blieb sie auch bei den österreichischen Meisterschaften zweimal chancenlos gegen Eva Pinkelnig. Kramer hatte mit größeren technischen Problemen zu kämpfen und gab selbst zu, dass die Form erst in den letzten Tagen besser wurde. Die Österreicherin ist potenziell noch immer die stärkste Springerin im Feld, jedoch scheint ihr das Dilemma vor Peking nachhaltig zugesetzt zu haben. Demnach ist Kramer eine kleine Wundertüte.

Eva Pinkelnig

Die 34-jährige Österreicherin gehört zwar zu den ältesten Springerinnen im Feld, ist aber offenbar auch eine derjenigen, die im Sommer die größten Fortschritte gemacht haben. In der Vergangenheit wurde die Spätstarterin immer wieder von Stürzen und Verletzungen zurückgeworfen. Pinkelnig ist jedoch nicht kleinzukriegen und scheint nun das nötige Vertrauen in ihre Sprünge gefunden haben, um ganz vorne mitzumischen. Nach einer durchwachsenen letzten Saison, stieg die Österreicherin erst in Rasnov in den SGP ein und gewann diesen überraschend vor Ursa Bogataj. Bei den nationalen Titelkämpfen unterstrich sie ihre Top-Form erneut und flog Marita Krama und Chiara Hölzl auf der Normal- und der Großschanze klar in den Schatten. Pinkelnig ist derzeit die stärkste Österreicherin und absolut eine Podiumskandidaten. Bleibt jedoch abzuwarten, ob sie ihre tolle Form über die ganze Saison aufrecht erhalten kann.

Katharina Althaus

Katharina Althaus verpasste bei den olympischen Spielen Gold nur knapp und musste aufgrund ihrer Corona-Erkrankung im Nachgang den Kampf um den Gesamtweltcup aufgeben. Beim Saisonfinale zeigte die Oberstdorferin dann auch nicht mehr ganz ihr stärkstes Niveau. Dies trifft leider auch auf ihre Sommer-Sprünge zu. Althaus erzielte zunächst die Ränge 5, 6 und 13 beim SGP und tauchte dann bei einigen COC-Springen auf, die sie jedoch allesamt nicht gewinnen konnte. In Klingenthal reichte es zu einem soliden fünften Platz, jedoch fehlten dort einige Top-Springerinnen. Jedoch musste sie sich unter anderem ihrer Teamkollegin Selina Freitag geschlagen geben. Derzeit ist nicht ganz klar, ob Althaus die stärkste Deutsche ist. Diese Frage musste man sich in den letzten Jahren sonst gar nicht stellen. Die nationalen Meisterschaften verpasste die Oberstdorferin aus privaten Gründen. Die meisten Stimmen deuten darauf hin, dass Althaus derzeit noch nicht die Form besitzt, um eine Siegspringerin zu sein. Die Saison ist jedoch lang und prinzipiell gehört die 26-Jährige natürlich zu den Top-Athletinnen.

Sara Takanashi

Takanashi nicht mehr ganz so stark wie in ihren absoluten Top-Jahren 2012 bis 2017. Das ist jedoch schon Meckern auf hohem Niveau. Immerhin kam sie auch in den vergangenen Jahren in der Gesamtwertung stets unter die Top 5. Verpasste Medaillen bei Großereignissen und insbesondere die Disqualifikation beim olympischen Mixed-Springern haben jedoch Spuren hinterlassen. Beim Sommer-GP tauchte sie nur in Klingenthal auf und wurde dort erneut disqualifiziert. In den Trainings zuvor konnte sie nicht ganz mit der Spitze mithalten. Es wird schwierig für Takanashi, das nötige Mind-Set zu finden, um wieder völlig befreit um Siege springen zu können. Das Potenzial dazu ist weiterhin da, jedoch geht die Japanerin diesmal eher als leichte Außenseiterin in die Saison. Vielleicht ist gerade das aber gar nicht so schlecht.

Maren Lundby

Die Dominatorin der Jahre 2018, 2019 und 2020 ist nach ihrer einjährigen Pause zurück. Die Vorsaison ließ die Norwegerin aus, weil sie nicht bereit dazu war, ihrem Körper eine radikale Diät zuzumuten, die nötig gewesen wäre, um vorne mitzumischen. Zuvor griff Lundby bei der WM in Oberstdorf zu eher fragwürdigen Abnehm-Methoden und musste nach ihrem WM-Titel die Notbremse ziehen. Nun ist Lundby zurück und voller Tatendrang. Bei den norwegischen Meisterschaften gab sie ihr Wettkampf-Comeback und belegte Rang vier. Es ist nicht so ganz klar, was die 28-Jährige leisten kann. Aktuell scheint sie eher um die Ränge 10 bis 15 springen zu können. Die einstige Weltklasse-Springerin ist jedoch gerade erst zurückgekehrt und wird sich im Laufe der Saison noch steigern können. Ob es dann wirklich für die Kategorie Bogataj oder Kriznar reicht, bleibt abzuwarten. Das Damen-Springen hat sich weiterentwickelt und bei Lundby muss sich erst zeigen, dass sie an ihre alte Klasse herankommt.

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