Foto: Deutscher Skiverband 2024 / SkiDeutschland

Beim letzten Sommer Grand Prix der Skispringer in Klingenthal haben wir uns mit Eurosport-Experte Martin Schmitt getroffen und mit ihm über seine Favoriten für die neue Weltcupsaison gesprochen. Im Interview gegenüber Skispringen-News.de wirft der zweimalige Gesamtweltcupsieger einen Blick auf seine bisher gesammelten Eindrücke aus der Sommervorbereitung und erzählt uns auch, wie sein Leben nach der aktiven Zeit im Skispringen aktuell aussieht. Mit 28 Weltcupsiegen, vier WM-Titeln, einer Goldmedaille bei den Olympischen Spielen sowie den bereits angesprochenen zwei Weltcupgesamtsiegen zählt Schmitt bis heute zu den erfolgreichsten deutschen Skispringern überhaupt.

Martin, welche Eindrücke nimmst Du aus dem Sommer Grand Prix mit, insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Form der Skispringer?

„Man kann zum jetzigen Zeitpunkt schon herauslesen, dass die Norweger es wissen wollen! Vor allem natürlich nach der letzten Saison, in der es doch ein bisschen holprig war und es teilweise auch intern ein paar Schwierigkeiten gab. Jetzt haben sie sich wieder zusammengerauft, sind hochmotiviert und blicken alle voller Vorfreude auf ihre Heim-WM in Trondheim. Diese gibt ihnen natürlich noch einmal einen extra großen Push. Wie man im Rahmen des Sommer Grand Prix gesehen hat, bringen sie jetzt schon die passende Form mit.

Aber ich glaube auch, dass sich das deutsche Team nicht verstecken muss. Beim letzten internationalen Vergleich vor der neuen Saison in Klingenthal ist Pius Paschke ganz gut gesprungen. Andi Wellinger war hier noch nicht an seinem persönlichen Optimum, lag aber trotzdem stetig auf Tuchfühlung. Technisch muss man vielleicht noch das ein oder andere bei den DSV-Adlern verbessern, vielleicht auch noch in Sachen Abstimmung. Aber wichtig war in erster Linie die Erkenntnis, dass man es aus eigener Kraft schaffen kann und dann auch vorne mit dabei ist. Mit diesem guten Gefühl reist das deutsche Team nach Hause, daher ist alles ok.“

Es stehen auch in dieser Wintersaison wieder zahlreiche Highlights auf dem Programm. Worauf freust Du dich persönlich?

„Die Vierschanzentournee ist natürlich jedes Jahr ein Highlight, aber auf Trondheim freue ich mich dieses Mal ganz besonders. 1997 durfte ich hier meine erste Weltmeisterschaft erleben mit vielen schönen Erinnerungen, daher ist es toll für mich jetzt wieder dorthin zur nordischen Ski WM zurückzukehren und es noch einmal vor Ort zu genießen (wenn auch dieses Mal nicht mehr als aktiver Skispringer). Das ist für mich ein ganz besonderes Highlight.“

Stichwort aktive Karriere – wenn Du heutzutage an einer Schanze stehst, gibt es auch nochmal Momente, an denen Du gerne selbst nochmal springen würdest oder hast Du mit dem Thema zum Karriereende komplett abgeschlossen?

„Als ich hier am Freitag beim Qualitag in Klingenthal, wo es vom Wind her sehr turbulent zuging, oben am Trainerturm gestanden und auf den Schanzentisch geblickt habe, habe ich mir nochmal gedacht: nein, ich vermisse es wirklich nicht mehr! (lacht) Ich bin ja jetzt schon zehn Jahre nicht mehr gesprungen und da ist die Versuchung auch nicht mehr ganz so groß, dass man die Skier nochmal anschnallt.“

Aktuell fungierst Du als Experte für den TV-Sender Eurosport, doch wie sieht sonst Dein Leben nach der Karriere aus?

„Ich bin immer noch sehr nah am Sport dran. Neben meinem Engagement für Eurosport betreue ich im deutschen Skiverband die jüngste Lehrgangsgruppe und versuche dort meine Erfahrung weiterzugeben mit dem Ziel mitzuhelfen, dass es auch künftig gute deutsche Skispringer gibt. Zudem betreibe ich noch eine Marketing-Agentur, mit der ich Sportler in der Vermarktung betreue. Somit habe ich auch weiterhin einen umfassenden Blick auf das Thema Skispringen.

Zum Abschluss noch eine kurze Einschätzung: Welche Namen kommen Dir als erstes in den Sinn, wenn Du über die Favoriten für die neue Saison nachdenkst?

„Es ist natürlich immer eine schwierige Frage. Aktuell ist man geneigt zu sagen: die Norweger! Speziell bei den beiden Sommer Grand Prix Wettbewerben in Wisla und Klingenthal haben sie einen starken Eindruck hinterlassen. Die Slowenen werden aber sicherlich auch wieder gut dabei sein, Timi Zajc ist hier zuletzt super gesprungen. Stefan Kraft wird sicherlich auch regelmäßig vorne mitspringen und für Siege gut sein, gleiches gilt für Ryoyu Kobayashi. Andi Wellinger schätze ich zudem ganz hoch ein, so wie er arbeitet und bei der Basis, die er mitbringt. Dies führt auch dazu, dass er mit einer unglaublichen Ruhe agiert.

Letztlich wird entscheidend sein, wer wie gut in die neue Saison hineinstartet und Erfolgserlebnisse sammelt. Dadurch baut sich dann Selbstvertrauen auf und man gelangt in den vielzitierten „Flow“. Es können viele auf diesen Zug aufspringen, aber die nächsten Wochen werden ganz wichtig sein.“

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