Nach dem spannenden Auftaktspringen zur 73. Vierschanzentournee steht für die Skispringer am heutigen Montag ein Ruhetag auf dem Programm, ehe es traditionell an Silvester und Neujahr in Garmisch-Partenkirchen weitergeht. Wir haben mal versucht zu beleuchten, wem die Große Olympiaschanze mehr und wem eher weniger entgegen kommt.

Bei Betrachtung der Ergebnislisten aus den letzten beiden Jahren sticht bei den Herren vor allem ein Name hervor: Anze Lanisek. Dieser feierte im vergangenen Winter nicht nur den Sieg auf der Großen Olympiaschanze, sondern war im Jahr zuvor auch starker Zweiter. Nach einem schwierigen Saisonstart ging die Formkurve des Slowenen zuletzt steil bergauf. Den Auftaktwettbewerb in Oberstdorf – eine Schanze, auf der er sich immer eher schwer tut, schloss er am Sonntag auf Platz 15 ab. Bei den vorangegangenen Weltcups lag er zuletzt jedoch auch schon unter den Top-10 des Gesamtklassements. Man darf daher gespannt sein, ob er von seinen guten Auftritten in Garmisch aus jüngerer Vergangenheit zehren und die starken Österreicher bei der zweiten Tourneestation an der Spitze ein wenig aufmischen kann.

Stichwort Österreich und Stefan Kraft: Für den Führenden in der Tourneewertung ist Garmisch-Partenkirchen zuletzt häufig so etwas wie die „Schicksalsschanze“ gewesen, etwa vergleichbar mit dem Bergisel in Innsbruck für das deutsche Team. Kraft scheint rechtzeitig zur Tournee die passende Form erreicht zu haben, doch bezwingt er auch die Anlage in Garmisch? Er selbst sagt: „Ich habe in den letzten Wochen viel probiert und vielleicht auch auf das ein oder andere gute Ergebnis verzichtet, weil ich noch ein bisschen mit dem Gefühl in der Hocke sowie dem Material gespielt habe. In Engelberg habe ich das schon gut aussortieren können, aber dass das jetzt so gut aufgeht, macht mich schon sehr happy.“
Auf Garmisch angesprochen führt er aus: „Es ist immer so ein bisschen das Problemkindchen bei mir, aber ich habe einen guten Sommer dort gehabt und konnte auch einen Trainingswettkampf gewinnen. Deshalb gehe ich optimistisch ans Werk“, so Kraft. Der Trend gibt ihm dabei in jedem Fall recht, denn beim letzten Weltcup zu Jahresbeginn 2024 erreichte er einen vorzeigbaren sechsten Rang. Schwieriger war es 2023, als er nicht über den 18. Platz hinaus kam oder 2022 als er auf Position 59 bereits an der Qualifikation zum Wettbewerb scheiterte.

Und wie sieht es bei den beiden anderen österreichischen Überfliegern Jan Hörl (aktuell Tourneezweiter) und Daniel Tschofenig (aktuell Tourneedritter) aus? Hörl zeigte sich in den Vorjahren in Garmisch zweimal konstant als Fünfter und Tschofenig reihte sich auf den Rängen 18 und 7 ein. Doch Beide kommen derzeit in einer solchen Überform daher, dass sie die Sprünge fast vom Fließband aus abrufen können. Oder etwa doch nicht?

„Wir wissen, dass Garmisch nicht immer die leichteste Schanze für uns ist. Aber wir haben ein extrem starkes Team und wissen auch, was zu tun ist“, äußert sich Tschofenig eher verhalten. Etwas euphorischer ist da schon Cheftrainer Andreas Widhölzl, der in der Vergangenheit eher Oberstdorf als Schwachpunkt für die Österreicher ausgemacht hat. „Ich bin froh, dass Oberstdorf hinter uns liegt, was für uns eher die Angststation war. In den letzten Jahren waren wir hier nie so gut und sind danach immer erst besser geworden. Die Vorzeichen sind also ganz gut.“

Und aus deutscher Sicht? Pius Paschke belegte bei den Neujahrsspringen zuletzt die Plätze 24 und 10. Doch da sich der Routinier aus Kiefersfelden derzeit in der Form seines Lebens befindet, fällt es schwer, diese Resultate als Maßstab heranzuziehen. Wichtig wird für ihn auf jeden Fall sein, möglichst nah an den drei Österreichern dranzubleiben und wenn einer von ihnen eine Schwäche zeigt, passend zur Stelle zu sein. Seine deutliche Leistungssteigerung gegenüber den beiden Wettbewerben in Engelberg und während des Oberstdorf-Wochenendes spielen ihm dabei mental in die Karten.

Von den reinen Ergebnissen aus den beiden Vorjahren war Andreas Wellinger in Garmisch zuletzt bester DSV-Athlet. 2024 stand er als Dritter hinter Anze Lanisek und Ryoyu Kobayashi auf dem Podium, im Jahr zuvor belegte er Rang acht. Vielleicht können ihn die positiven Erinnerungen hieran etwas beflügeln, damit er sich von seinem derzeitigen 20. Tourneeplatz aus weiter nach vorne arbeiten kann.

Wer die Anlage in Garmisch ebenfalls sehr mag, ist Stephan Leyhe. Er beschreibt uns im Gespräch die Schanze wie folgt: „Sie hat einen knackigen, also eher scharfen Radius. Der Tisch ist von der Tendenz her ein bisschen kürzer und man erreicht eine eher höhere Flugkurve. Mir macht es dort immer sehr viel Spaß und es ist auch neben Bischofshofen meine Lieblingstourneeschanze.“ Vielleicht ein gutes Omen für eine vordere Platzierung, die Leyhe nach dem 48. Platz beim Auftaktspringen in Oberstdorf mit Blickrichtung auf die weiteren Weltcupwettbewerbe auch dringend braucht. Ähnlich wie sein Teamgefährte Philipp Raimund, der mit dem 40. Rang beim Auftaktspringen ebenfalls deutlich hinter seinen eigenen Erwartungen und Möglichkeiten zurückblieb.

In Garmisch stößt zum aktuellen A-Kader dann auch die nationale Gruppe hinzu, zu der u.a. Markus Eisenbichler zählen wird. Nach seiner Nichtnominierung in Oberstdorf ist davon auszugehen, dass er dem Trainerteam eine deutliche Leistungssteigerung zeigen und damit zugleich auch den Druck auf Leyhe und Raimund noch einmal erhöhen möchte. Neben Eisenbichler nominierte Bundestrainer Stefan Horngacher für Garmisch auch Felix Hoffmann, Constantin Schmid und Luca Roth.

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