Im Rahmen des Forum Nordicums in der vergangenen Woche waren mit Chika Yoshida und Sandro Pertile beide Renndirektoren des Internationalen Ski- und Snowboardverbandes (FIS) in der Disziplin Skispringen vertreten. Für die Sportjournalisten vor Ort in Bad Mitterndorf wurde die vergangene Saison analysiert sowie Neuerungen für den kommenden Winter vorgestellt.

Am vergangenen Dienstag fand in Bad Mitterndorf, wo im Januar 2024 die Skiflug-Weltmeisterschaften ausgetragen werden, der sogenannte „FIS-Tag“ im Rahmen des Forum Nordicums statt. Für die nordischen Disziplinen Langlauf, Nordische Kombination und Skispringen waren die zuständigen FIS-Renndirektoren mit einer Präsentation in der Steiermark vor Ort.

Das Fazit von Sandro Pertile für den Herren-Weltcup fiel dabei positiv aus. Von insgesamt 150 Weltcup-Tagen, inklusive 43 Wettbewerben (39 im Weltcup, 4 bei Weltmeisterschaften Planica), die es im Winter 2022/23 gab, musste kein einziger abgesagt werden. Zudem gab es Veranstaltungsorte aus zehn verschiedenen Ländern. Ebenfalls positiv entwickelt hat sich die Breite der Nationen, die in der Lage sind Weltcup-Punkte zu erreichen. Im Jahr 2018 waren es noch 14 Nationen, die in einer Saison Punkte sammeln konnten. In der Saison 2021/22 sowie 2022/23 waren es bereits 18 Nationen.

Vor allem die Rückkehr in die Vereinigten Staaten wurde hervorgehoben. Die Wettbewerbe in Lake Placid konnten erfolgreich und vor allem vor großen Zuschauermengen ausgetragen werden. Zischen 1990 und 2023 fand kein Skisprung-Weltcup mehr in den USA statt – eine gelungene Rückkehr in diesem Jahr laut Sandro Pertile. Positiv bewertet wurde zudem die Teilnahmen-Dichte an den Fern-Weltcups in Sapporo (Japan) sowie Lake Placid. Vor allem in Japan waren alle Top-Teams in Bestbesetzung vertreten.

Verändern werden sich aber die Größen der Teams: So gibt es zukünftig nur noch fünf Startplätze für die Top-Teams im Weltcup, bzw. sechs, wenn der Quotenplatz im Continentalcup (Top-3 Gesamtwertung) erzielt wird. Zu Beginn der neuen Weltcup-Saison gehen sowohl Deutschland als auch Österreich und Norwegen mit sechs Teilnehmern an den Start. Für das deutsche Team hatte Pius Paschke mit dem Sieg in der COC-Gesamtwertung im Sommer den Platz geholt, den er zumindest in Ruka und Lillehammer auch im Weltcup einnehmen wird.

Neues Schanzenformat kommt – Giant Hills

Laut Sandro Pertile soll es zudem ein neues Schanzenformat geben. „Giant Hill“ soll eine Schanzengröße um die HS160 bis 180 sein, also eine Zwischengröße zwischen Großschanzen und Skiflugschanzen. Einer solchen Schanzengröße entspricht beispielsweise Copper Peak in Amerika. Die Schanze galt bisher als weltweit kleinste Skiflugschanze. Laut Pertile soll zukünftig auf dieser Schanzengröße auch traininert werden dürfen, als Vorbereitung auf die Skiflugevents.

Positive Zahlen-Entwicklungen im Damen-Skispringen

Ein positiver Trend, der im Weltcup der Damen zu sehen ist, ist die Anzahl der Weltcups, die mittlerweile pro Saison stattfinden. Diese lag im ersten Weltcup-Winter 2011/12 nach Ausführungen von Chika Yoshida noch bei 14 Weltcups. In der vergangenen Saison gab es für die Skispringerinnen bereits 29 Weltcups zu bestreiten. Betrachtet man die Verteilung der Siegernationen, so gelang acht verschiedenen Athletinnen aus sechs Nationen ein Weltcup-Sieg im vergangenen Winter. Auf dem Podium landeten immerhin 18 Athletinnen aus sieben Nationen. Weltcup-Punkte erreichten insgesamt 62 Skispringerinnen aus 18 Nationen, was sich auch im Gesamtweltcup widerspiegelte. In den Top-15 waren immerhin sieben verschiedene Nationen vertreten, in den Top-30 waren es zehn.

Für 2023/24 sind laut Kalenderplanung 28 Weltcups für die Damen angesetzt, zwei Wochenenden im Dezember und Februar (08.-10.12 & 09.-11.02.) sind allerdings noch offen. Geplant ist im kommenden Winter auch eine Erhöhung des Preisgeldes um 20 % (gegenüber 2019/20). Das heißt die Summe der Preisgelder für die Podestplatzierten bei einem Weltcup beläuft sich dann auf 30.229 CHF anstatt bisherigen 28.120 CHF, beim Skifliegen werden maximal 66.300 CHF ausgeschüttet.

Die Neuerung des Inter-Continentalcups (ICOC) für die Damen, die bereits im Sommer getestet wurde, bleibt auch im Winter bestehen. In dieser neuen „Liga“ starten dann sowohl Skispringerinnen aus dem Continentalcup als auch aus dem FIS Cup. Im ICOC sind für den kommenden Winter bisher sechs Stationen geplant, einige Orte sind noch offen bzw. in der Planung.

Neuerungen bei Raw Air & Damenskifliegen

Die wohl größte Errungenschaft im vergangenen Winter war das erste Skifliegen für Damen im norwegischen Vikersund bei der Raw Air, was glücklicherweise sehr positiv verlief. Die Slowenin Ema Klinec stellte dabei den Weltrekord für die Damen über 226 Meter auf.
Für die kommende Saison ist das Skifliegen für die Damen ebenfalls wieder Bestandteil des Kalenders, mit Neuerungen. Zu den Top-15 der Weltcup-Gesamtwertung können noch maximal fünf weitere Athletinnen aus der Top-15-Wertung der Raw Air hinzukommen (Altersbeschränkung 18+ gilt weiterhin). Auch beim Skifliegen wird das Preisgeld angepasst: Die Damen sollen im kommenden Winter die gleichen Beträge wie die Herren in der Weltcup-Saison 2019/20 erhalten. Pro Punkt gibt es für die 20 möglichen Teilnehmerinnen beim Skifliegen dann 100 CHF. Neu ist zudem, dass Vikersund nicht nur das Raw-Air-Finale sein wird, sondern auch das Weltcup-Finale der Damen austrägt.

Bei den Herren wird im Verlauf der einzelnen Raw-Air-Stationen ein neues Format getestet. So werden nach zwei Einzelwettbewerben und insgesamt sechs gewerteten Sprüngen in Oslo nur die besten 50 Athleten weiter nach Trondheim ziehen. Dort gibt es keine Qualifikation, aber in Vorbereitung auf die FIS Nordischen Ski-Weltmeisterschaften 2025 einen Wettbewerb auf der Normal- und Großschanze. In Vikersund werden dann vorerst wie gewohnt die besten 40 Athleten in der Qualifikation beim Skifliegen an den Start gehen. Für den finalen Raw-Air-Wettbewerb am Sonntag sollen allerdings nur die besten 30 Athleten antreten. Gesprungen werden dann drei Durchgänge – mit einem sich pro Durchgang um zehn Athleten reduzierenden Verlauf, also im zweiten Durchgang die besten 20 und im dritten und letzten Durchgang nur noch die besten zehn Athleten. Für die Gesamtwertung der Raw Air zählen dann insgesamt 16 Sprünge.

Änderungen rund um Material & Messungen

FIS-Renndirektor Sandro Pertile hat für den kommenden Winter eine neue Messmethode für die Körpermaße vorgestellt, die dann vom FIS Equipment Controller Christian Kathol vorgenommen wird. Demzufolge gibt es ab sofort einen 3D-Scanner, der alle Körpermaße automatisch erfassen kann. Schritt zwei wird laut Pertile in der Saison 2024/25 eingeführt: Bei der Messung soll es dann möglich sein, einen Vergleich zwischen dem Körper ohne und dem Körper mit Anzug darzustellen, um somit die Anzugmaße und deren Richtigkeit einfacher überprüfen zu können.

An der Schanze soll zudem die Wind- und Gatekompensation noch einmal verbessert werden. Für die Messung der Windpunkte soll es an Großschanzen nun acht anstatt sieben Windmessstationen geben. An Skiflugschanzen werden die Messstationen von 10 auf 12 aufgestockt. Dies soll für einen noch genaueren Wert und demzufolge höherer Fairness für die Athleten sorgen.

Diskussion um Damen-Tournee: Ab 2026 Flutlicht am Bergisel geplant

Nach langjährigen Diskussionen am Bergisel gab der österreichische Skiverband (ÖSV) während des Forum Nordicums bekannt, dass es voraussichtlich ab 2026 endlich das langersehnte Flutlicht am sportlichen Wahrzeichen von Innsbruck geben soll. Zum einen sollte dies die Möglichkeit schaffen, einen Wettbewerb am Bergisel aufgrund der Wetterverhältnisse auch weiter nach hinten verschieben zu können. Was bei der Vierschanzentournee schon das ein oder andere Mal nötig gewesen wäre. Zum anderen bringt diese Option die Damen-Vierschanzentournee wieder ins Gespräch. Denn der ÖSV ist der Auffassung, dass es eine Tournee für die Damen nur geben solle, wenn man die gleichen Stationen in der gleichen Reihenfolge wie bei den Herren ansetzen könne. Dies könne mit einem Flutlicht vereinfacht umgesetzt werden: So könne beispielsweise am Qualifikations-Tag der Herren der Wettbewerb der Damen stattfinden. Genauere Gespräche dazu wird es erneut geben, sobald die Flutlichtpläne in Stein gemeißelt sind.

Im kommenden Winter 2023/24 wird es vorerst die sogenannte „Two Nights Tour“ geben. Die Damen springen dann genau wie die Männer in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen, jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Das Auftaktspringen für die Damen findet also fast gleichzeitig zu dem der Herren statt, nur in Garmisch-Partenkirchen (29./30.12.23). Über den Jahreswechsel werden die Damen ihr Neujahrsspringen in Oberstdorf (31.12.23/01.01.24) absolvieren.

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