Nur noch wenige Tage, dann startet endlich die Skisprungsaison 2023/24 der Herren. Wie auch in den Jahren zuvor sollte in diesem Winter eine Menge Spannung geboten sein. Auf die Athleten warten in der bevorstehenden Saison einige Highlights, bei denen es um Siege und prestigereiche Titel geht. Dabei scheint das Feld offener denn je zu sein. Mehrere Nationen verfügen über absolute Topathleten und aus der zweiten Reihe drängen sich einige ambitionierte Springer auf, die in die Weltspitze wollte. Um einen ersten Überblick zu bekommen, liefern wir euch auch in diesem Jahr eine Saisonvorschau, die Aufschluss darüber geben soll, wann sich Skisprungfans auf welche Highlights freuen können, wer die Favoriten auf Siege und Titel sind und was man sonst noch von den Teams im kommenden Winter erwarten darf.

Kalender 2023/24: Polen-Tour neu dabei, Klingenthal ersetzt Titisee-Neustadt, sonst keine Veränderungen


Wie schon sooft in der Vergangenheit, wird der Weltcup der Herren 2023 am Nordpolarkreis im finnischen Ruka (24.-26.11.) starten. Damit dürfen wir uns direkt zum Beginn der Saison auf den wohl winterlichsten Weltcup freuen, bevor eine Woche später im norwegischen Lillehammer (01.-3.12.) weiter in Skandinavien um die ersten Weltcuppunkte gekämpft wird. Danach dürfen sich die deutschen Skisprungfans auf den ersten Heimweltcup der Saison in Klingenthal (08.-10.12.) freuen. Klingenthal rutscht in diesem Jahr für Titisee-Neustadt in den Kalendar. Vor der Weihnachtspause geht es dann traditionell in die Schweiz nach Engelberg (15.-17.12.).

Zwischen den Feiertagen und über den Jahreswechsel kommt es mit der Vierschanzentournee zum ersten Highlight der Saison 2023/24. Dabei wird die Aufmerksamkeit gespannt auf Oberstdorf (28./29.12.), Garmisch-Partenkirchen (31.12./01.01.), Innsbruck (02./03.1.) und Bischofshofen (05./06.1.) gerichtet sein.Nach der Tournee geht es dann Schlag auf Schlag mit der neueingeführten Polen-Tour weiter. Beginnen wird die Tour in Wisla (12.-14.1.), wo es neben einer Einzelkonkurrenz auch zum ersten Teamwettbewerb der Saison kommen wird. Anschließend geht es weiter nach Szczyrk (16./17.1.), wo erstmals überhaupt ein Weltcup ausgetragen wird. Abgeschlossen wird die Polen-Tour in Zakopane (19.-21.1.), dort sind genauso wie in Wisla ein Team- und Einzelwettkampf vorgesehen.Kaum ist die Polen-Tour beendet, wartet in Österreich bereits der nächste Saisonhöhepunkt auf den Skisprungzirkus.

Vom 25. bis 28. Januar wird am Kulm in Bad Mitterndorf (25.-28.1.) die Weltmeisterschaft im Skifliegen ausgetragen. Hohe Weiten sind dabei garantiert.Auch nach der Skiflug-WM dürfte es keineswegs langweilig werden, denn bereits eine Woche später wartet der Kultweltcup an der Mühlenkopfschanze in Willingen (02.-04.2.). Auf der größten Sprungschanze der Welt ist das Spektakel jedes Jahr aufs Neue im Sauerland zuhause. Im Anschluss an den Kultweltcup stehen dann weite Reisen bis nach Übersee an. Erst macht der Weltcup erneut in Lake Placid (09.-11.2.) halt, wo es unter anderem einen Zweierteamwettkampf geben wird, bevor es anschließend nach Sapporo (16.-18.2.) geht.Zurück in Europa, steht nicht nur das letzte Skisprungswochenende in Deutschland, sondern auch das nächste Skifliegen an. Auf der Flugschanze von Oberstdorf (23.-25.2.) dürfen sich die Fans auf einen Teamwettkampf und zwei Einzelwettkämpfe freuen.

In der letzten Phase der Saison kehrt das Skispringen wieder nach Nordeuropa zurück. Zunächst geht es im finnischen Lahti (01.3.-03.3.) weiter, wo sowohl Wettkämpfe im Einzel als auch im Team bevorstehen. Kurz darauf startet in Norwegen die Raw-Air, die inzwischen einen festen Platz im Weltcupkalendar eingenommen hat. In Oslo (08.-10.3), Trondheim (12./13.3.) und Vikersund (15.-17.3.) werden jeweils zwei Wettkämpfe stattfinden, die genauso wie die Qualifikationen Einfluss auf die Gesamtwertung der Raw-Air haben werden.Der Saisonabschluss erfolgt dann Ende März traditionell im slowenischen Planica (21.-24.3). Beim letzten Skifliegen der Saison sind hohe Weiten und gute Stimmung garantiert. Vielleicht kommt sogar ein bisschen Spannung auf, sollten Einzelweltcup, Teamweltcup und Skiflugweltcup bis dahin noch nicht entschieden sein.


Die Titelfavoriten 2023/24: Alle Topnationen haben mindestens einen Favoriten, Konstanz und Erfahrung scheinen der Schlüssel zum Erfolg zu sein


Der anspruchsvollste Titel, der in dieser Saison vergeben wird, ist sicherlich der Gesamtweltcup. Derjenige, der die große Kristallkugel holt, macht sich sportlich gesehen unsterblich. Denn Gesamtweltcupsieger wird man nur, wenn man über lange vier Monate hinweg, stets das Feld dominiert und dabei regelmäßig Siege einfährt oder auf dem Podest landet. Deshalb ist es naheliegend, dass für diesen Titel eher die erfahreneren und reiferen Athleten infrage kommen. In der Regel holt niemand die große Kristallkugel aus dem Nichts, meistens haben die Gesamtweltcupsieger schon in den Jahren zuvor mit guten Ergebnissen und stetigen Steigerungen auf sich aufmerksam gemacht.Somit ist es naheliegend, dass der Gesamtsieger des vergangenen Winters, Halvor Egner Granerud, auch in der Saison 2023/24 wieder ganz vorne dabei sein wird. In den letzten drei Jahren konnte der Norweger zweimal die Kristallkugel gewinnen (2020/21 und 2022/23) und war dazu noch einmal vierter im Gesamtweltcup (2021/22). Damit ist Granerud der konstanteste Topathlet der letzten Jahre.

Ein anderer heißer Tipp auf den Weltcupgesamtsieg dürfte die österreichische Nummer eins Stefan Kraft sein. Ebenso wie Granerud konnte Kraft die Kristallkugel schon zweimal gewinnen. In den Jahren, in denen er sie nicht gewann, war er dennoch ganz weit vorne mit dabei. So auch in der letzten Saison, in der er sich den zweiten Platz hinter dem alles überragendem Granerud sicherte. Lediglich in den Saison 2019/20 und 2020/21 zählte Kraft nicht zu den besten Zehn des Winters, ansonsten gehörte der Österreicher seit 2013/14 immer zu den besten zehn Skispringern der Welt.

Auch der Slowene Anze Lanisek muss im Vorfeld dieser Saison wieder genannt werden, wenn es um die Favoriten auf den Gesamtweltcup geht. Mit vier Siegen und 17 Podestplätzen gehörte er 2022/23 zu den konstantesten Athleten. Nur Gesamtweltcupsieger Granerud stand häufiger auf dem Podest als Lanisek (20x), der schon in den beiden Saisonx zuvor zu den zehn Besten des jeweiligen Winters zählte.

Ein weiterer Mitfavorit auf die Kristallkugel ist der Japaner Ryoyu Kobayashi. Genauso wie Granerud und Kraft konnte Kobayashi die Gesamtwertung bereits zweimal für sich entscheiden. 2022/23 startete die Saison für Kobayashi noch etwas holprig. Nachdem die Tournee nicht nach seinen Vorstellungen verlief, war er spätestens ab den Heimspringen in Sapporo wieder regelmäßig vorne mit dabei. So reichte es am Ende immerhin noch für einen akzeptablen fünften Platz im Gesamtweltcup. Dies war jedoch seine schlechteste Platzierung seit der Saison 2017/18. Hieran erkannt man, dass Kobayashi in den letzten Jahren die Szene mit dominierte und somit keineswegs außer Acht gelassen werden darf.

Die weiteren Topfavoriten auf den Gesamtweltcup kommen aus Polen. Seit das polnische Team in der vergangenen Saison von Trainer Thomas Thurnbichler übernommen wurde, springen besonders die drei Stars Kubacki, Zyla und Stoch wieder auf Weltklasseniveau. Gerade Dawid Kubacki konnte in der ersten Saisonhälfte auf sich aufmerksam machen, da er nicht nur lange das gelbe Trikot innehatte, sondern zugleich in der Form seines Lebens sprang. Leider verpasste er aus persönlichen Gründen die letzten Wettkämpfe der Saison und rangierte so nur auf Rang vier des Endklassements. Doch die sechs Siege, die er einfuhr, wie auch die insgesamt 15 Platzierungen auf dem Podest bestätigen, dass Kubacki auf eine tolle Saison zurückblicken kann. Wenn Dawid Kubacki wieder ganz vorne dabei ist, dürfte das kaum jemanden überraschen, da er bis auf die vorletzte Saison seit 2017/18 regelmäßig zu den Top Ten der Welt gehört.Ob die großen Namen Piotr Zyla und Kamil Stoch noch einmal den Angriff nach ganz vorne wagen, wird sich zeigen. Da beide für ihre Routine und ihre Konstanz bekannt sind, darf man sie nicht außen vor lassen. Allerdings scheint eher Kubacki das ganz heiße Eisen der Polen zu sein, wenn es um die große Kristallkugel geht, Zyla und Stoch sind wohl eher Kandidaten für die Plätze fünf bis zehn.

Ein häufig genannter Geheimtipp für die nächste Saison ist der junge Österreicher Daniel Tschofenig. Tschofenig ist zwar erst 21 Jahre jung, doch das hinderte ihn in den letzten Jahren keineswegs an einer rasanten Entwicklung. Bei 17 Wettkämpfen erreichte er in der vergangenen Saison die Top Ten und sammelte zudem seine drei ersten Podestplätze. Damit wurde Tschofenig Achter im Gesamtweltcup. Da es sich hierbei um eine enorme Steigerung zur Saison 2021/22 handelte, in der er noch 25 wurde, lässt sich bei Tschofenig eine Entwicklung erkennen, die steil nach oben geht. Ob er schon die Reife hat, ganz oben zu rangieren, wird sich zeigen. Die ersten Weltcupsiege für Tschofenig sind definitiv realistisch und so auch ein Angriff auf die Top 5 des Weltcups.

Und was ist eigentlich mit den Deutschen? Am Ende der Saison wird es neun Jahre her sein, dass mit Severin Freund (2014/15) der letzte Deutsche die große Kristallkugel gewinnen konnte. Da die Ansprüche des DSV für gewöhnlich hoch sind, möchte man dem Warten 2023/24 wohl gerne ein Ende setzen. Potentialdafür ist in den Reihen der DSV-Adler definitiv vorhanden. Denn von 2019/20 bis 2021/22 wurde immer ein Deutscher zweiter im Gesamtweltcup. Zweimal war es Karl Geiger und einmal war es Markus Eisenbichler. Das spricht dafür, dass sich Karl Geiger (11. Platz) im Vergleich zur eher enttäuschenden Vorsaison steigern sollte. Wenn der Knoten Platz, kann er wieder ganz vorne angreifen. Doch die Hoffnungen des deutschen Skispringens ruhen nicht nur auf Karl Geiger. Auch Andreas Wellinger muss man wieder auf dem Zettel haben. Nach einer langwierigen und komplizierten Verletzung, hatte man in der Vorsaison endlich wieder das Gefühl, den „alten“ Wellinger zu sehen, der 2017 Vierter im Gesamtweltcup wurde und 2018 olympisches Gold holte. 2022/23 reichte es für Platz sieben im Weltcup und darüber hinaus für zwei Weltcupsiege. Gelingt es Wellinger, an diese gute Saison anzuknüpfen, kann seine Karriere 2023/24 den Verlauf nehmen, der ihm bereits vor seiner Verletzung vorhergesagt wurde.

Natürlich gibt es neben den genannten Favoriten noch eine Vielzahl an anderen Athleten, die das Potential haben, regelmäßig in den Top Ten zu rangieren oder gar vereinzelt Weltcups zu gewinnen. Deshalb ist nicht außer Acht zu lassen, dass es in der Vergangenheit hin und wieder Springer gab, die völlig überraschend die Saison dominieren konnten. Jüngstes Beispiel dafür, dass es nie ganz einfach ist, die richtige Prognose abzugeben, ist Halvor Egner Granerud. Denn dass der Norweger die Saison 2020/21 von Anfang bis Ende dominieren würde, war damals nicht wirklich zu erwarten. Zuvor befand sich Granerud meist im Mittelfeld, sodass er im starken Team der Norweger fast schon um seinen Startplatz im Weltcupteam fürchten musste. Kategorisch ausschließen kann man also nichts und niemanden, aber in der Regel sind es die Favoriten, die am Ende der Saison auch erfolgreich sind.


Fazit: Jede Topnation verfügt über mindestens einen Athleten, der das Zeug dazu hat, in den Kampf um die große Kristallkugel einzugreifen. Dabei scheinen Routine und Konstanz die entscheidenden Faktoren zu sein. Da diese auf einige Topspringer zutreffen, ist ein einzelner Topfavorit nicht auszumachen. Hier ist also definitiv einiges an Spannung geboten.Ebenso darf man von den genannten Topfavoriten erwarten, dass sie in den Kampf um die Vierschanzentournee und die Skiflug-WM eingreifen werden. Da bei diesen beiden Events auch die Tagesform und ein wenig Glück von Bedeutung sind, ist es jetzt noch zu früh, die genauen Favoriten auszumachen. In der ersten Phase der Saison wird sich zeigen, wer mit Topform überzeugen kann. Dann wird es noch einmal einen genaueren Ausblick auf die Tournee geben.


Die Teams 2023/24


Österreich: Topfavorit auf den Nationenweltcup, in der Breite unschlagbar


Das wohl stärkste Team dürften auch in der Saison 2023/24 mal wieder die Österreicher stellen, da diese besonders in der Breite enorm stark einzuschätzen sind. Die beiden Topstars sind der Routinier Stefan Kraft und der Shootingstar Daniel Tschofenig. Doch auch die restliche Mannschaft besteht aus Springern, die regelmäßig die Top Ten erreichen können. Einer von ihnen ist der ewige Manuel Fettner, der mit inzwischen 38 Jahren bestätigt, dass das Alter doch nur eine Zahl ist. Spätestens mit dem Sieg beim Sommer Grand Prix in Klingenthal konnte Fettner bestätigen, dass mit ihm weiterhin zu rechnen ist. Die elf Top Zehn Platzierungen der vergangenen Saison dürfte Fettner wiederholen. Eine Steigerung oder sogar Siege sind selbst mit 38 Jahren nicht ausgeschlossen.Ebenso ambitioniert sind Michael Hayböck und Jan Hörl. Den Sprung auf das Podest schaffte 2022/23 zwar keiner der beiden, doch sowohl Hayböck als auch Hörl waren häufig auf den vorderen Plätzen wiederzufinden (Hayböck 13 mal Top 10, Hörl 10 mal). Das Level der Vorsaison zu erreichen, sollte der Mindestanspruch der beiden sein.

Momentan sieht es danach aus als entscheide sich der Kampf um den begehrten sechsten Startplatz zwischen Clemens Aigner und Daniel Huber. Vermutlich geht der Platz zunächst an Aigner, der mit elf Platzierungen unter den Top 20 eine solide Vorsaison sprang. Weitere Argumente könnten sein, dass Aigner zuletzt im Sommer-COC mit mehreren Top fünf Plätzen überzeugen konnte. In Lake Placid zum Abschluss des Sommer-COC gelang ihm sogar ein Sieg. Über die Form von Daniel Huber ist derzeit nicht sehr viel bekannt. Diese letzte Saison verpasste Huber größtenteils verletzungsbedingt. Auch in den Sommerwettkämpfen war Huber nicht am Start. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass Huber vor seiner Verletzung stetig näher an die Weltspitze heranrückte. Kehrt er zurück in den Weltcup, ist ihm also einiges zuzutrauen.

Gerade dadurch, dass ein Team nur noch maximal sechs Athleten im Weltcup stellen kann, wird sich der Konkurrenzkampf bei den Österreichern nochmals zuspitzen. Clemens Leitner war zwar der beste Österreicher im Sommer COC und sicherte so den Extrastartplatz für den ÖSV, doch im starken österreichischen Team wird wohl vorerst kein Platz für ihn sein. Gleiches gilt für die Jungstars Jonas Schuster und Marco Wörgötter, die mittlerweile definitiv das Potential hätten, um im Weltcup zu starten. Aber auch bereits etwas erfahrenere Springer wie Ulrich Wohlgenannt und Maximilian Steiner sind Kandidaten, die über den COC Druck ausüben werden. Deshalb muss nicht nur Clemens Leitner seinen Startplatz immer wieder aufs Neue bestätigen. Auch für die anderen kann es bei mangelnder Form schnell mal in den COC gehen. Noch härter dürfte der Konkurrenzkampf werden, wenn Philipp Aschenwald und Markus Müller aus ihren Verletzungspausen zurückkehren.

Norwegen: Einzig auf Granerud ist Verlass, alle anderen haben Potential, aber auch Unsicherheiten


Die zweitstärkste Nation der vergangenen Saison waren, zumindest was die Teamgesamtwertung anging, die Norweger. Das Problem der Norweger war nur, dass außer Halvor Egner Granerud niemand so wirklich auf Topniveau springen konnte. Johann Andre Forfang, der die Saison auf Rang 16 abschloss, war der zweitbeste Norweger. Allerdings fehlten die absoluten Topergebnisse. Forfang erreichte immerhin zehnmal die Top Ten, aber ein Podestplatz blieb ihm verwehrt. Das kennt man aus der Vergangenheit anders, denn in mehreren Wintern zählten nicht nur ein Norweger, sondern drei oder vier Norweger zu den zehn Besten des Winters.Um diesen Ansprüchen wieder gerecht zu werden, benötigen die Norweger jedoch wieder mehr Konstanz. Daniel Andre Tande ist ein Beispiel dafür, dass die Leistungsspanne bei den Norwegern zu groß ist. Während er 2022/23 in Willingen einmal auf das Podest sprang, verpasste er bei gleich fünf Wettbewerben den zweiten Durchgang, bei zwei weiteren überstand er nicht einmal die Qualifikation.

Auch Marius Lindvik, 2022 noch Olympiasieger, Skiflugweltmeister und Dritter im Weltcup, blieb in der Vorsaison weit hinter den Erwartungen zurück. Nachdem ihm viele Experten weitere Siege und Titel zugetraut hatten, erreichte Lindvik lediglich fünfmal die Top Ten und verpasste sogar sieben Mal die Punkte. Das Potential ist bei Lindvik definitiv vorhanden, um wieder ganz vorne mitzumischen, doch die enttäuschende Vorsaison muss Lindvik erstmal aus dem Kopf bekommen, dann kann er auch wieder die vorderen Plätze attackieren.Hinter Robert Johansson befinden sich ebenso noch einige Fragezeichen, da ihm in der letzten Saison immer wieder Rückenprobleme zu schaffen machten. Zwar konnte er im Sommer hin und wieder einen guten Eindruck hinterlassen, doch die Weltspitze erreicht Johansson nur, wenn er beschwerdefrei durch den Winter geht.

Die Norweger werden wohl 2023/24 eher den zweiten Platz in der Nationenwertung verteidigen, als dass sie den ersten Platz attackieren. Spannend wird auch sein, ob es ihnen gelingt, den zusätzlichen Startplatz zu behalten, den Fredrik Villumstad im Sommer COC erspringen konnte. Ob Villumstad zum Weltcupteam gehören wird ist allerdings noch nicht bekannt, da auch Kristoffer Eriksen Sundal gute Argumente für eine Nominierung vorzuweisen hätte. Immerhin sprang Sundal in seiner ersten Weltcupsaison dreimal in die Top Ten und sammelte häufig Punkte. Sicherlich eine gute Bilanz für einen Neuling im Weltcup, auf der sich aufbauen lässt.

Slowenien: Ausgeglichenes Team, das wieder vorne angreifen kann


Team Slowenien freut sich vor allem auf die Skiflugweltmeisterschaft, die 2024 am Kulm ausgetragen wird. Dort muss man mit den Slowenen, die traditionell über sehr starke Flieger verfügen, rechnen. Eine Goldmedaille im Team als auch im Einzel sind definitiv möglich. Etwas bessere Chancen beim Skifliegen dürfte etwa Timi Zajc haben, während Anze Lanisek auch in dieser Saison zu den Topfavoriten auf den Gesamtweltcup zählt. Ob Zajc schon gut genug ist, um im Kampf um die große Kristallkugel ein Wörtchen mitzureden, wird sich zeigen. Jedenfalls sprechen insgesamt 17 Top Ten Platzierungen aus der Vorsaison für ihn. Außerdem wurde er in Planica Weltmeister auf der Großschanze. Wenn Zajc in 2023/24 die Großschanzen so beherrscht wie die Flugschanzen, dann ist er ganz klar ein Kandidat für die Weltspitze. Da Zajc aber häufig beim Fliegen besser abschnitt, als beim Springen, hat er es knapp nicht unter die Topfavoriten auf den Gesamtweltcup geschafft. Allerdings schließt das nicht aus, dass er auch in diesem Winter wieder zu den zehn Besten gehört.

Ein bisschen weiter entfernt von der Weltspitze dürften Ziga Jelar, Domen Prevc und Lovro Kos sein. Natürlich haben alle schon einmal andeuten können, was in ihnen steckt, doch das konstante Topniveau, das etwa ein Anze Lanisek an den Tag legt, ist ihnen nicht zuzutrauen. Gerade Prevc und Jelar haben mit dem Problem zu kämpfen, dass ihre Form auf den Großschanzen selten die ist, die sie auf den Flugschanzen an den Tag legen. Bei Lovro Kos hingegen muss man geduldig sein. Er ist der Jüngste im slowenischen Team und muss sich weiter entwickeln. Mit einem COC-Sieg in Klingenthal im Sommer machte er auf sich aufmerksam, doch von Siegen und Podestplätzen sollte er im Weltcup noch ein Stück entfernt sein. Letzte Saison war er fünfzehnmal in den Top 20. Wenn er diese Leistung steigert, dürfte er zufrieden sein.Peter Prevc, den ein schwerer Sturz im Rahmen der WM 2023 zurückgeworfen hat, wird es schwer haben, in der kommenden Saison den Anschluss an die Weltspitze zu finden. Aktuell ist er nur die Nummer sechs im slowenischen Team, was für ihn den Start im COC bedeutet. Dort könnte er aber die slowenische Fahne hochhalten, da die Slowenen derzeit wenige Talente haben, die sich wirklich aufdrängen.

Polen: Die Legenden sind weiterhin topfit, dahinter wird es schwer, die Lücke zu schließen


Zu den großen Dreien im polnischen Team ist bereits alles gesagt. Kamil Stoch, Dawid Kubacki und Piotr Zyla genießen allesamt in Polen Legendenstatus und es ist nahezu sicher, dass sie die polnischen Fans auch in der kommenden Saison wieder zufriedenstellen werden. Was den Polen jedoch seit langer Zeit fehlt, um in den Teamwettkämpfen dauerhaft zu dominieren, ist ein guter vierter Mann. Dieser könnte der mittlerweile 29-jährige Aleksander Zniszczol sein, der schon seit Ewigkeiten als Talent gilt. Der Durchbruch blieb bisher allerdings aus. Sowohl in der letzten Saison als auch im Sommer, war dann eine leichte Aufwärtskurve bei Zniszczol zu erkennen. Setzt er diese fort, haben die Polen vielleicht endlich den guten vierten Mann, auf den sie schon so lange warten.Ein anderer Kandidat für den vierten Platz ist Pawel Wasek. Mit erst 24 Jahren zählt er noch zu den jüngeren Springern im Feld. Da hat es Priorität, sich im Hintergrund der Topstars zu entwickeln. Jetzt sollte aber langsam der nächste Schritt erfolgen, sodass Wasek nicht wie Zniszczol nur als ewiges Talent gilt. Denn die Polen brauchen dringend gute junge Athleten, da die großen Drei nicht ewig die Stellung halten werden.Einen gewissen Druck, Leistung zu bringen, werden Zniszczol und Wasek sicherlich spüren, da die zweite Reihe bei den Polen in dieser Saison gut besetzt ist. Sowohl der wiedererstarkte Maciej Kot, sowie die aus dem Weltcup bekannten Jakub Wolny und Klemens Muranka, wollen zurück ins Weltcupteam der Polen.

Deutschland: Nach enttäuschender Vorsaison gibt es genügend Gründe, um wieder auf bessere Ergebnisse zu hoffen


Hinter dem deutschen DSV-Team liegt ohne Frage eine sehr enttäuschende Saison 2022/23. Trotz der hohen Ansprüche erreichte Deutschland lediglich Platz fünf in der Nationenwertung und war somit die schwächste aller Topnationen. Auch im Einzelweltcup wollte es nicht so rund laufen, wie geplant. Für Andreas Wellinger persönlich war der siebte Platz im Gesamtweltcup sicherlich ein Erfolg, doch die Tatsache, dass der beste Deutsche nur auf Rang sieben landete, war für den DSV ebenso wenig zufriedenstellend. Sowohl in der Nationen- als auch in der Einzelwertung soll die deutsche Fahne bestenfalls unter den Top drei auftauchen. Dieses Ziel wurde 2022/23 verpasst, doch der Kader des DSV macht Hoffnung, dass es 2023/24 wieder bergauf geht.Wie bereits erläutert verfügt der zunächst sechsköpfige DSV-Kader mit Karl Geiger und Andreas Wellinger über zwei Athleten, die sich im Laufe der Saison zu Siegspringern entwickeln können.

Dass Philipp Raimund ebenfalls zum Siegspringer wird, ist noch eher unwahrscheinlich, aber zumindest hat Deutschland mit Raimund seit langer Zeit mal wieder ein absolutes Toptalent am Start. In der letzten Saison war er ein fester Bestandteil des deutschen Teams und konnte mehrfach unter Beweis stellen, dass er die Hoffnung für die Zukunft des deutschen Skispringens ist. Besonders bei der Tournee, bei der er in allen Wettkämpfen unter den ersten Fünfzehn landete, konnte Raimund überzeugen. Der nächste Schritt in der Karriereleiter ist definitiv fest eingeplant. Raimund, der es aus dem COC bereits gewohnt ist, vorne mit zu springen, soll an die Top Ten herangeführt werden. Und tatsächlich ist dieses Ziel realistisch. Ihn, ähnlich wie Daniel Tschofenig, als Geheimtipp auf große Titel aufzuführen käme wahrscheinlich noch etwas zu früh.

Insgesamt gehört das deutsche Team eher zu den älteren und gleichzeitigen erfahreneren Teams. Ausschlaggebend ist dafür die Nominierung von den Ü-30ern Stephan Leyhe und Pius Paschke. Für beide lief die letzte Saison nicht nach Plan und so drohte beiden, in den COC abzurutschen. Doch Leyhe und Paschke konnten die Enttäuschungen des letzten Winters in Motivation umwandeln und mit starken Leistungen Trainer Stefan Horngacher davon überzeugen, dass sie es sich weiterhin verdient haben, im Weltcup aufgestellt zu werden. Leyhe, der 2022/23 nicht einmal in die Top Ten sprang (Platz 12 in Willingen bestes Resultat), wurde Neunter im Sommer Grand Prix und Fünfter im Sommer COC. Das sind Ergebnisse, die Hoffnung machen, sodass Stephan Leyhe in der kommenden Saison wohl wieder häufiger die Top Ten attackieren dürfte.Noch besser lief es im Sommer bei Pius Paschke, der in erster Linie den COC nutzen konnte, um wieder in Form zu kommen. Am Ende des Sommers ging er sogar als Gesamtsieger aus dem COC hervor und sicherte Deutschland somit den zusätzlichen Startplatz. Ein Sieg und insgesamt vier Platzierungen auf dem Podest sollten Paschke das notwendige Selbstvertrauen zurückgebracht haben. Denn nach der letzten Saison schien das Selbstvertrauen bei Pius Paschke komplett abhanden gekommen zu sein. Nach einem guten Start in die Saison, war mit der Tournee urplötzlich der Faden gerissen. Paschke musste in den COC und sammelte auch dort nur mittelmäßige Ergebnisse. Jetzt sollte das gute Gefühl jedoch wieder da sein, sodass Paschke, genauso wie Leyhe, wieder ein Kandidat für regelmäßige Top Ten Plätze ist.

Der sechste Starter im deutschen Team ist eine Überraschung. Es handelt sich um Martin Hamann, der in letzten Jahren bei dem einen oder anderen wohl in Vergessenheit geraten war. Denn nachdem er die Weltcupsaison 2020/21 auf einem starken Platz 24 abschließen konnte, kam in der Folge nicht mehr viel. Doch das sollte sich Anfang November ändern, als sich Hamann in Klingenthal den Titel des deutschen Meisters sicherte. Ein toller Erfolg, der Hamann den nötigen Aufschwung geben sollte. Zudem aber auch ein Beweis, dass er mit absoluten Topspringern mithalten kann. Somit darf man von Hamann durchaus erwarten, regelmäßig in die Top 20 zu springen. Was auch nötig ist, denn nur mit konstanten Leistungen wird es in dieser Saison möglich sein, den so hart erkämpften Startplatz im deutschen Team zu verteidigen.Es ist damit zu rechnen, dass die zweite Reihe der Deutschen immensen Druck auf das Weltcupteam ausüben wird. Allen voran bei Markus Eisenbichler darf man davon ausgehen, dass dieser die Degradierung ins COC-Team nicht auf sich sitzen lassen wird. Eisenbichler wird garantiert alles dafür geben, schnellstmöglich wieder den Sprung in den Weltcup zu schaffen.Auch von Constantin Schmid kann man erwarten, dass er den COC als Chance sehen wird, um sich neu zu beweisen. Sicherlich war in den vergangenen Jahren zu beobachten, dass die Entwicklung bei Schmid etwas stockte, doch das heißt lange noch nicht, dass er nicht über höheres Potential verfügt. Gerade bei der Dichte an guten deutschen Springern muss Schmid aufpassen, dass er in der deutschen Hierarchie nicht nur weiter abrutscht. Deshalb ist auch von ihm eine Attacke zu erwarten.

Bei dem starken Weltcupkader und den beiden einstigen Topspringern Eisenbichler und Schmid im COC, werden es Talente wie Luca Roth und Felix Hoffmann in diesem Winter schwer haben, den Sprung nach vorne zu schaffen. Doch eventuell gehen die beiden weniger verkopft und unbedarft in den COC und üben so Druck auf die erste Garde aus. Das Beispiel Martin Hamann konnte schließlich zeigen, dass schnell auch Überraschungskandidaten erfahrene Springer wie Markus Eisenbichler aus dem Aufgebot verdrängen können.Was auf jeden Fall jetzt schon feststeht ist, dass sich die enttäuschende Vorsaison der Deutschen nicht wiederholen wird. Dafür ist das deutsche Team einfach zu gut.  Außerdem sind bei allen anderen Topnationen, bis auf Österreich, kleinere Schwachpunkte auszumachen. Grundsätzlich verfügen alle deutschen Starter über sehr viel Potential und zudem waren im Sommer einige ansteigende Formkurven im deutschen Team zu beobachten, was zu einer positiven Grundstimmung beitragen sollte. Hinzu kommt, dass in der zweiten Reihe mindestens vier Leute auf ihre Chance lauern, in das Weltcupteam zu rücken. Von daher sollten sich alle Deutschen bewusst sein, dass sie nur mit guten Leistungen die Saison im Weltcup durchspringen werden.

Japan: Nur Kobayashi zählt zur Weltspitze, ansonsten noch viele Fragezeichen


Bis auf Ryoyu Kobayashi haben sich die Japaner gänzlich von der Weltspitze verabschiedet. Lediglich Naoki Nakamura konnte in der Vorsaison vereinzelt für Lichtblicke sorgen, wobei Nakamura nie wirklich konstant sprang. Zwischen Top Ten Plätzen, bis hin zu verpassten Qualifikationen für den Wettbewerb, war alles dabei.Damit performte Nakamura jedoch noch um Längen besser als der Rest des japanischen Teams. Yukiya Sato, der von 2020 bis 2022 noch zu den Top 20 des Weltcups zählte, war 2022/23 völlig außer Form, sodass er kaum wieder zu erkennen war. Über den gesamten Winter sammelte Sato lediglich 21 Weltcuppunkte. Alleine mit einer Top Ten Platzierung holt man mehr Punkte. Von daher ist es äußerst fraglich, ob Sato die Form der Jahre zuvor wiederfindet.Ähnlich wie Sato erging es Junshiro Kobayashi und Keiichi Sato. Beide erreichten nur ganz selten die Punkte. Das ist definitiv nicht der Anspruch der Japaner, die über Jahre hinweg mindestens vier Leute hatten, die dazu in der Lage waren, regelmäßig Punkte einzufahren.Kleine Lichtblicke hingeben sind Ren Nikaido und Tomofumi Naito. Der 22-jährige Nikaido gilt als bestes Nachwuchstalent der Japaner und zudem rangierte er in der Gesamtwertung des Sommer Grand Prix auf dem dritten Rang. Dies ist zweifelsfrei ein Fingerzeig, dass Nikaido ein ambitionierter Skispringer ist. Wie sich Nikaido im kommenden Winter entwickelt bleibt jedoch noch abzuwarten. Bei den Japanern kann es oft in viele Richtungen gehen. Denn während sich beispielsweise Ryoyu Kobayashi schnell zum absoluten Topspringer entwickeln konnte, ist ein Keiichi Sato in den letzten Jahren nicht wirklich vorangekommen.Tomofumi Naito ist zwar schon 30 Jahre alt, konnte sich aber Platz 16 im Sommer Grand Prix und Platz 18 im Sommer COC sichern. Möglicherweise bekommen wir Naito dieses Jahr häufiger im Weltcup zu sehen. Mit den Leistungen des Sommers bietet er sich definitiv eher für einen Startplatz an, als die zuletzt schwächelnden Satos und Junshiro Kobayashi. Der „Flugsaurier“ Noriaki Kasai wird wohl, wenn überhaupt, nur als Teil der nationalen Gruppe in Sapporo zu sehen sein.

Schweiz und Finnland: Möglicher Durchbruch von Deschwanden und finnische Hoffnungen auf mehr Punkte


Die Schweizer haben im Sommer 2023 neue Hoffnung geschöpft, da sich vor allem Gregor Deschwanden auf einem vielversprechenden Weg befindet. In der Gesamtwertung des Sommer Grand Prix wurde Deschwanden Zweiter hinter Vladimir Zografski. Zudem konnte er sich über den Sommer hinweg mehrere Siege und Podestplätze sichern. Das sollte Deschwanden, dem der Sprung in die Weltspitze noch nie so wirklich gelingen wollte, Selbstvertrauen geben. Ob Deschwanden auch im Winter um Siege mitspringen kann, bleibt jedoch abzuwarten. Da er in den letzten drei Wintern 26. im Gesamtweltcup wurde und im Sommer Grand Prix meist die besten Athleten fehlten, zählt Deschwanden nicht unbedingt zu den absoluten Topfavoriten. Allerdings ist genauso wenig ausgeschlossen, dass er öfters den Sprung unter die ersten Zehn schafft und sich so zu einer festen Größe entwickelt.Ebenso ruhen die Hoffnungen der Schweizer auf dem jungen Remo Imhoff. Im Sommer Grand Prix landete Imhoff einmal auf dem Podest und auch im COC der vergangenen Saison lieferte Imhoff immer wieder gute Ergebnisse ab. Dennoch benötigt der erst 20-jährige noch ein bisschen Zeit, um sich weiterzuentwickeln. In der vergangen Saison holte er seine ersten Weltcuppunkte (14 insgesamt). Deshalb dürfte jeder zweite Durchgang, den er erreicht, als Erfolg betrachtet werden.Wie sich Killian Peier schlägt, bleibt abzuwarten. Eigentlich war Peier in der Saison 2021/22 auf einem sehr guten Weg. Damals wurde er 16. im Gesamtweltcup. Jedoch folgte 2022/23 eine Saison, in der er kaum Punkte holte. Das durchaus vorhandene Potential muss also wieder abgerufen werden.Komplettiert wird das Team der Schweizer wohl durch den ältesten Springer des Feldes, Simon Ammann. Ammann, der inzwischen 42 Jahre alt ist, scheint noch nicht genug vom Skispringen zu haben. Allerdings musst man realistisch sein und feststellen, dass von Ammann keine großen Sprünge mehr zu erwarten sind.Wenn Deschwanden seine Sommerform bestätigt, Peier sein Potential wieder abruft, Imhoff den nächsten Schritt macht und Ammann hin und wieder gut springt, dann können die Schweizer den angeschlagenen Japaner im Kampf um den sechsten Platz in der Teamwertung definitiv gefährlich werden. Mehr ist jedoch sehr unrealistisch.


Die einst so große Skisprungnation Finnland ist schon seit mehreren Jahren nur noch ein Schatten ihrer selbst. Siege wurden schon lange nicht mehr gefeiert und auch Top Ten Platzierungen sind mittlerweile eher selten. Das bedeutet, dass die Ziele der Finnen auch in dieser Saison eher bescheiden ausfallen. Wahrscheinlich geht es in erster Linie darum, die beiden besten Springer, Antti Aalto und Niko Kytosaho regelmäßig unter den ersten Dreißig zu etablieren. Auch Eetu Nousiainen war schon häufig in der Nähe der Punkte, verpasste diese aber immer wieder knapp. Da die Topnationen inzwischen über einen Startplatz weniger verfügen, ist es durchaus denkbar, dass die Finnen wieder häufiger die Punkte erreichen. Mehr als das beharrliche und geduldige Sammeln von Punkten ist jedoch kaum zu erwarten. Selbst an der Schweiz wird man sich in diesem Winter wohl noch nicht vorbeischieben.Interessant wird es aber sein, die Entwicklung von Vilho Palosaari zu beobachten. Dieser konnte sich im vergangen Winter die Goldmedaille bei der Junioren-WM sichern. Endlich also wieder ein Lichtblick für die so stark gebeutelten Finnen. Man kann es den Finnen nur wünschen, dass die Entwicklung bei ihrem besten Nachwuchstalent funktioniert.

Die kleineren Nationen: Zografski nach Sommer im Fokus, Türkei, Ukraine und Kasachstan mit Überraschungspotential, Hoffnungen in Tschechien und Italien gedämpft


Ebenso lohnt es sich, im Vorfeld der Saison, einen Blick auf die kleineren Nationen, die meist nur über einen konkurrenzfähigen Athleten verfügen, zu werfen. Im Mittelpunkt steht dabei der bulgarische Einzelkämpfer Vladimir Zografski, da dieser zur großen Überraschung des Sommers wurde. Der 30-jährige war der dominante Mann des Sommer Grand Prix und erzielte mehrere beachtliche Ergebnisse. Mit unter anderem drei Siegen und drei zweiten Plätzen sicherte er sich den Titel Sommerkönig 2023. Dies ist ohne Frage der bisher größte Erfolg in der Karriere von Vladimir Zografski. Aber bedeutete das zugleich, dass er seine Glückssträhne im Winter fortführen wird? Das ist schwierig zu beurteilen, da Zografski in seiner inzwischen sehr langen Karriere noch nie den Sprung in die Weltspitze schaffen konnte. Platzierungen unter den ersten Zehn hatten in den vergangenen Jahren Seltenheitswert. Seine beste Saison sprang er 2018/19, damals wurde 33 im Gesamtweltcup. Gelingt es Zografski nur annähernd, seine Sommerform in den Winter zu transportieren, sollte er seine Bestplatzierung verbessern. Außerdem ist ihm zuzutrauen, dass er mit ein wenig Glück hin und wieder einstellige Platzierungen einfährt.

Fast schon als Exot gilt der Türke Fatih Arda Ipcioglu. Doch die Zeiten, in denen die Türken belächelt wurden, sind vorbei. In den vergangenen beiden Jahren gelang es Ipcioglu, jeweils als erster Türke, überhaupt Weltcuppunkte zu sammeln. Darüber hinaus schrieb er im Sommer Geschichte, da er als erster Türke bei einem Sommer Grand Prix auf dem Podest landete. Das heißt also, dass Ipcioglu auch im kommenden Winter ganz sicher wieder Punkte sammeln wird. Für Top Ten Platzierung wird es unter normalen Umständen wohl noch nicht reichen. Eine dreistellige Punktausbeute wäre definitiv das Höchste der Gefühle.

Auch aus dem osteuropäischen Raum gibt es zwei junge Talente, mit denen 2023/24 zu rechnen ist. Zum einen ist das Yevhen Marusiak aus der Ukraine, der in der vergangenen Saison erstmals seit vielen Jahren wieder Punkte für sein Land einfahren konnte. Zudem gewann er im Februar einen COC und auch im Sommer sammelte Marusiak weiter eifrig Punkte. Ähnlich wie Ipcioglu hat er gute Chancen, häufiger in den Punkten zu landen.Zum anderen ist es der Kasache Danil Vassilyev, der mit gerade einmal 19 Jahren noch über viel Steigerungspotential verfügt. Im Sommer Grand Prix machte Vassilyev den nächsten Schritt, indem er dreimal die Top 15 erreichte (zweimal davon sogar Top 10). Von daher könnte der zweite Durchgang bereits in dieser Saison häufiger für Vassilyev in Reichweite sein.Die nicht ganz so kleinen Nationen wie Italien und die USA werden in 2023/24 wohl kaum neu Topspringer hervorbringen.

Die Italiener müssen vor allem den Rückschlag verkraften, dass mit Giovanni Bresadola ihr bester Mann verletzt ausfällt. Bresadola konnte mit einigen Top Ten Platzierungen und häufigen Teilnahmen am zweiten Durchgang 2022/23 überzeugen. Ob seine Teamkollegen Alex Insam und Federico Cecon über dieses Potential verfügen, ist eher fraglich. Italien wird wohl eher eine Randerscheinung bleiben.

Gleiches gilt für die USA. Zwar verfügen die US-Boys über einige junge Springer, doch ein Durchbruch bahnt sich nicht gerade an. Für Erik Belshaw, Decker Dean, Casey Larson und Andrew Urlaub, die die USA repräsentieren werden, geht es in erster Linie darum, Erfahrung zu sammeln und sich schrittweise zu entwickeln.Der Kanadier Mackenzie Boyd-Clowes verkündete erst vor kurzem in den sozialen Meiden, dass er vorerst nicht auf die Schanze zurückkehren wird. Gründe dafür nannte er nicht.

Leider wird auch Tschechien nicht davon profitieren können, dass die Topnationen weniger Athleten stellen werden. Die einst so erfolgreiche Skisprungnation befindet sich völlig am Boden. Wenn einer die tschechische Fahne noch hochhält, ist es der Routinier Roman Koudelka, der einst zu den besten Springern des Feldes zählte. Hoffnungsvolle Talente, die im Weltcup durchstarten könnten, sind nicht in Sicht.

Dann hat wohl eher Estland Chancen, im Vergleich der kleineren Nationen gut abzuschneiden. Mit Artti Aigro haben die Esten jedenfalls einen Springer, der bereits seit mehreren Jahren Weltcuppunkte holte. Auch im Sommer konnte Aigro einige ordentliche Platzierungen einfahren. Schön wäre es, wenn beispielsweise sein junger Teamkollege Kevin Maltsev noch den ein oder anderen Schritt nach vorne machen könnte.

Fazit: Österreich dürfte der Topfavorit sein, wenn es darum geht, den Nationencup und die jeweiligen Teamspringen zu gewinnen. Einen in der Breite so stark aufgestellten und zuletzt formstarken Kader hat keine andere Nation vorzuweisen. Das heißt aber nicht, dass Österreich konkurrenzlos an der Spitze thronen wird. Besonders die DSV-Adler haben wieder neue Hoffnungen geschöpft und werden daher attackieren. Genauso darf man Norwegen und Slowenien nie außen vor lassen. Potential ist ohne Frage bei beiden Nationen vorhanden, allerdings müssen die Unsicherheitsfaktoren dringend bearbeitet werden, um zur Nation des Winters zu werden. Team Polen hingegen ist eher nur auf dem fünften Rang zu erwarten. Die fehlende Qualität des vierten und fünften Starters werden die polnischen Topstars dauerhaft nur schwer kompensieren können.
Hinter den Top-Fünf-Nationen sieht es danach aus, dass Japan trotz einer schwachen Vorsaison den sechsten Platz verteidigen wird. Wahrscheinlich sind die Schweizer und die Finnen nicht gut genug, um Druck auf Japan auszuüben. Allerdings sieht es bei den Japanern derzeit nicht danach aus, als könnten sie, wie sooft in der Vergangenheit, mit den fünf besten Nationen mithalten.
Die kleineren Nationen werden in den Teamwettkämpfen sicherlich keine Rolle spielen, da sie zum größten Teil nicht über genügend Springer verfügen. Jedoch gibt es einzelne Springer aus kleineren Nationen, die für die eine oder andere Überraschung sorgen können.

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