Severin Freund (GER); Training in Garmisch-Partenkirchen; November 2021; Foto: Konstanze Schneider

Severin Freund zählt zu den erfolgreichsten deutschen Skispringern der letzten Jahre. Am 27.03.2022 beendete der Gesamtweltcupsieger aus der Saison 2014/2015 seine aktive Karriere und steht seither als TV-Experte vor der Kamera. An der Seite von Moderatorin Lena Kesting gibt Freund als Nachfolger von Toni Innauer bei den Übertragungen des ZDF seine Expertise und Erfahrungen aus 15 Weltcupjahren an die Zuschauer weiter. Skispringen-News.de hat sich mit dem Olympiasieger von 2014 über sein Leben nach dem Leistungssport sowie über das damalige Karriereende unterhalten.

Skispringen-News.de: „Hallo Severin, die Skisprungfans wissen natürlich, dass Du seit deinem Karriereende als TV-Experte für das ZDF fungierst. Doch kannst Du uns mal teilhaben lassen, wie Dein Leben sonst so aussieht?“

Severin Freund: „Sehr schön (lacht). Neben dem ZDF gibt es auch noch ein paar andere Projekte, aber ich habe ehrlich gesagt erst einmal die Familie vorangestellt, weil sie in der Zeit, als ich aktiv gesprungen bin, wirklich sehr viel mitgemacht haben. Das ist auch etwas, was ich aktuell sehr genieße. Das Leben als Leistungssportler ist doch sehr speziell und wenn man dann mal etwas anderes erleben kann, ist es auch ganz schön.“

Skispringen-News.de: „An was musstest Du Dich in der neuen Rolle als TV-Experte am meisten gewöhnen?“

Severin Freund: „Ich glaube an das Ganze drum herum. Der TV-Bereich ist einfach eine ganz andere Welt mit eigenen Regeln und eigenen Zeitplänen etc. Und als Leistungssportler kommt man ja an die Schanze und hat genau eine Aufgabe, die da heißt: möglichst gut Skispringen! Das hier ist ein bisschen anders. Aber es macht sehr, sehr viel Spaß und man kann natürlich auch die ganze Atmosphäre mit ein bisschen mehr Weitblick aufnehmen, was sehr schön ist.“

Skispringen-News.de: „Gab es bereits einen kuriosen/lustigen TV-Moment, von dem Du berichten kannst?“

Severin Freund: „Es gab bislang noch nichts richtig schlimmes. Klar, manchmal funktionieren ein paar Dinge nicht so, wie man es sich vorher gedacht hat. Und manchmal streikt vielleicht auch schonmal die Technik, aber damit muss man immer rechnen. Ich weiß aber noch, dass ich in Wisla mal an einem kleinen Monitor oben am Schanzentisch kommentiert habe, weil der Weg in die Kommentatorenkabine zu weit weg war. Sonst hätte ich runterlaufen müssen, vielleicht 10 Springer mitkommentiert und dann direkt wieder hoch gemusst. Da hat man mir im Bereich des Schanzentisches etwas eingerichtet. Aber es ist auf jeden Fall eine coole Crew und es wird alles immer so gemacht, dass es nachher auch funktioniert.“

Skispringen-News.de: „Wenn Du an der Schanze bist…gibt es auch Momente, in denen du das Springen vermisst?“

Severin Freund: „Nein, ehrlicherweise nicht (lacht). Es war eine sehr, sehr schöne Zeit für mich aber auf die Schanze muss ich nicht mehr zurück.“

Skispringen-News.de: „Warum war es damals für Dich der richtige Zeitpunkt aufzuhören?

Severin Freund: „Ich hatte eine sehr schöne und erfolgreiche Zeit, aber auch eine schwierige Phase mit vielen Verletzungen. Dass ich es danach noch einmal für mich geschafft habe mit zwei Teammedaillen einen sehr schönen Abschluss hinzulegen, war fantastisch. Vor allem waren es mit Oberstdorf und Vikersund auch Orte, die mir viel bedeutet haben. Danach gab es nichts mehr, was mich noch großartig gereizt hätte. Gleichzeitig hatte ich auch irgendwie nicht mehr das Gefühl, dass da noch so wahnsinnig viel mehr im Tank ist – und deswegen war es perfekt.“

Skispringen-News.de: „Die Liste Deiner Erfolge ist lang: Gesamtweltcupsieger, Olympiasieger, 3x Weltmeister, Skiflugweltmeister, 22 Weltcupsiege und 10 WM-Medaillen. Was war rückblickend Dein persönliches Karrierehighlight?“

Severin Freund: „Für mich war es der Gewinn des Gesamtweltcups 2014/2015. Hiervon hatte ich schon als Kind geträumt. Auch wenn es am Ende richtig knapp war, dieser Triumph war für mich das Wertvollste in meiner Karriere.“

Skispringen-News.de: „Und was war der bitterste Moment Deiner Karriere?

Severin Freund: „Im Nachhinein wahrscheinlich mein zweiter Kreuzbandriss. Ich glaube mit einem Kreuzbandriss wäre es vielleicht noch möglich gewesen, dass man das Ganze nochmal aufholt, aber mit dem zweiten Kreuzbandriss war die Ausfallzeit und damit auch der Weg schon unheimlich lang. Deswegen: ja, es wäre vielleicht noch mehr drin gewesen, auch mit zwei Kreuzbandrissen. Ich habe mein Bestes gegeben, aber für ganz nach vorne hat es zumindest im Einzel nicht mehr gereicht und das war sicherlich ein bitterer Moment.“

Skispringen-News.de: „Was würdest Du jungen Athleten als Tipp mit auf den Weg geben? Welche Nachwuchstalente siehst du aktuell national/international?

Severin Freund: „Wir haben national einige gute Springer, auch wenn wir aktuell vielleicht nicht ganz so gut dastehen wie z.B. die Österreicher, die im Nachwuchs alles dominieren. Aber auch eine solche Situation hat ihre Tücken, denn man merkt gerade in Österreich, dass es gar nicht so einfach ist, die jungen Sportler im Weltcup zu etablieren.

Wir sind hier in Deutschland ganz gut aufgestellt und haben jetzt im Nachwuchs mit Werner Schuster jemanden, der genau weiß, von was er spricht. Und zu dem Tipp: Ich denke, dass grundsätzlich jeder Sportler seinen eigenen Weg finden/gehen muss. Wenn man im Moment jedoch auf einen Springer wie Pius (Paschke) schaut und seine Geschichte sieht, kann man daraus auch als junger Athlet noch sehr viel lernen.“

Skispringen-News.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Severin Freund: „Sehr gerne. Bis zum nächsten Mal!“

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