Über viele Jahre hinweg gehörten die polnischen Skispringer zur absoluten Weltspitze. Adam Malysz, Kamil Stoch, Dawid Kubacki aber auch Piotr Zyla sorgten für zahlreiche große Erfolge. Mittlerweile tut sich diese „ältere Generation“ zunehmend schwer mitzuhalten, weshalb sich die einst so erfolgreiche Skisprungnation schon länger im Umbruch befindet. Cheftrainer Thomas Thurnbichler hat uns in Willingen einen Einblick gegeben, wie es derzeit im polnischen Skispringen aussieht und wie die Ziele für die Zukunft aussehen.
Skispringen-News.de: „Thomas, wie bewertest Du das Leitungsvermögen im polnischen Team, speziell nach den letzten Teamwettbewerben?“
Thomas Thurnbichler: „Wir wissen, dass es für uns ganz schwierig ist in der aktuellen Besetzung um ein Podium oder Topplatzierungen mitzukämpfen. Das ist eigentlich unmöglich, wenn man realistisch ist. Deswegen haben wir hier in Willingen den Mixed-Team Wettbewerb z.B. auch nur als Trainingstag angesehen.“
Skispringen-News.de: „Wie schwierig ist es, nach diesen erfolgreichen polnischen Jahren nun diesen Generationswechsel einzuleiten?“
Thomas Thurnbichler: „Es ist natürlich sehr viel Arbeit und geht nicht von heute auf morgen. Man sieht, dass die Generation hinter der erfolgreichen Generation fehlt. Es gibt nur einzelne Athleten, die Potenzial haben. Man hat das in der Vergangenheit auch in anderen Nationen gesehen, wie z.B. in Österreich. Nach dieser „Superadler-Generation“, war da lange nur Krafti, der die Fahne hochgehalten hat, sonst niemand! Auch in Deutschland gab es schon mal so eine Phase, die man dann einfach durchstehen muss. Es ist Tag für Tag harte Arbeit und man muss einfach geduldig bleiben.“
Skispringen-News.de: „Die WM in Trondheim und vielleicht auch die Olympischen Spiele im nächsten Jahr kommen sicherlich noch ein Stück weit zu früh, oder?“
Thomas Thurnbichler: „Ja, definitiv. Ich glaube, man muss generell schon fast auf die darauffolgende Olympiade schauen, wenn man wirklich das gesamte Team im Auge hat. Mit Einzelpersonen glaube ich können wir sowohl bei der Weltmeisterschaft als auch im nächsten Jahr bei der Olympiade gute Erfolge erzielen. Aber dass man ein kompaktes Team hat, das ist wie gesagt, sicher erst etwas für die darauffolgende Olympiade.“
Skispringen-News.de: „Wie wichtig ist es dann mit Pawel Wasek, der den Sommer GP gewinnen und bei der Vierschanzentournee einen starken achten Platz erzielen konnte, zumindest einen Springer im Team zu haben, der konstant gute Leistungen zeigt?“
Thomas Thurnbichler: „Pawel ist dabei der ganz klare Leader in unserem Team zu werden! Er ist 25 Jahre alt und sehr wichtig für uns, weil er der Generation dahinter zeigt, dass es möglich ist. Von seiner Art und von seiner ganzen Arbeitsweise her Tag für Tag höchst professionell in allen Bereichen zu arbeiten, ist er wirklich ein Vorbild für den Nachwuchs.“
Skispringen-News.de: „Wie schwierig ist es für einstige Top-Athleten, beispielsweise Kamil Stoch, Dawid Kubacki oder Piotr Zyla, geduldig zu bleiben und nicht aufzugeben?“
Thomas Thurnbichler: „Es ist sicher keine leichte Situation für die Drei. Skispringen verändert sich Jahr für Jahr, man hat immer wieder neue Reglements und auch technisch entwickelt es sich einfach weiter. Speziell für ältere Athleten ist es nicht so leicht, den Bewegungsablauf umzustellen, der über viele Jahre automatisiert worden ist, weshalb es für sie nicht leicht ist. Aber sie müssen einfach weiterkämpfen, solange sie immer noch motiviert sind, in den Wettbewerben anzutreten. Sie müssen die Situation akzeptieren und einfach Vollgas geben.“
Bei der WM in Trondheim setzt Thurnbichler auf Pawel Wasek, Aleksander Zniszczol, Dawid Kubacki, Jakub Wolny und den amtierenden Weltmeister der Normalschanze, Piotr Zyla. Kamil Stoch hingegen wurde nicht nominiert. Nachdem er aus Formgründen bereits eigenmächtig auf einen Start bei der Vierschanzentournee verzichtet hatte, verpasst der 37-Jährige damit nun auch das zweite große Highlight in dieser Saison.
Deutlich verbessert präsentierte sich dafür zuletzt Dawid Kubacki. Auch mit ihm haben wir uns kürzlich in Willingen unterhalten. Dort zeigte seine Formkurve bereits nach oben, was er in den Folgewettkämpfen dann ebenfalls bestätigen konnte.
Skispringen-News.de: „Dawid, ein paar Worte zum Wettkampf in Willingen. War es ein Schritt in die richtige Richtung?“
Dawid Kubacki: „Für mich war es ein guter Tag. Ich verbessere mich derzeit Schritt für Schritt, und das ist im Moment das Wichtigste.“
Skispringen-News.de: „Was macht es derzeit für Dich so schwierig?“
Dawid Kubacki: „Wenn schon so eine lange Zeit vergangen ist, in der man versucht, wieder an die Spitze zu kommen, ist es nie einfach. Der Weg von der Spitze nach unten ist schnell und einfach, aber von unten nach oben ist er ziemlich hart und anspruchsvoll. Ich muss meine Technik weiter stabilisieren. Von Sprung zu Sprung wird es besser, aber es braucht noch etwas mehr an Kontrolle und Überlegung. Es ist noch kein flüssiger Sprung. Daher hoffe ich darauf, vom Absprung her noch mehr Energie reinlegen zu können, damit es noch fünf Meter weiter geht.“