Niklas Bachlinger (links) und Jonas Schuster (rechts)

Beim Saisonauftakt in Lillehammer nominierte ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl neben den drei überragenden Athleten des letzten Winters – Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Stefan Kraft – auch Maximilian Ortner und Manuel Fettner. Zudem hatte Stephan Embacher als Goldmedaillengewinner der Junioren-WM ebenfalls seinen Startplatz sicher. Heißt: Jonas Schuster und Niklas Bachlinger, die über den Sommer hinweg starke Leistungen zeigten, mussten sich zunächst hinten einreihen. Wir haben mit beiden ÖSV-Springern über das „Luxusproblem“ im österreichischen Team gesprochen.

Bereits lange vor Bekanntgabe der Nominierungen für den Saisonstart war klar, dass es im österreichischen Team zu einer Veränderung kommen würde. Denn nach dem Rücktritt von Michael Hayböck, der mittlerweile als TV-Experte für den ORF fungiert, wurde zumindest ein Startplatz im ÖSV-Team wieder frei. Andreas Widhölzl entschied sich hier für die geballte Erfahrung und gab Manuel Fettner den Vorzug. Fettner hatte im Sommer bereits angekündigt, dass er vor seiner letzten Wintersaison steht, ehe auch er vom aktiven Springen zurücktreten wird.

Während sich andere Nationen einen Kopf machen müssen, um solche Lücken zu füllen, ist es im Männerteam der Österreicher seit vielen Jahren anders: Immer wieder kommt top ausgebildeter Nachwuchs nach und nutzt die sich bietenden Gelegenheiten. In der letzten Wintersaison 2024/25 waren es beispielsweise Maximilian Ortner und Markus Müller, die auf sich aufmerksam machen konnten. Vor allem Ortner war im letzten Winter der „Durchstarter“ schlechthin, beeindruckte mit zwei Podiumsplätzen sowie vielen Top-10-Ergebnissen im Weltcup und war auch bei der WM in Trondheim als Silbermedaillengewinner im Teamwettbewerb ein wichtiger Teil der Mannschaft.

Angesichts dieser Leistungsdichte eine glückliche Lage für Andreas Widhölzl – oder etwa doch nicht? Immer wieder steht der ÖSV-Coach vor schwierigen Entscheidungen und kann trotz starker Leistungen einem Teil seiner Athleten keinen Weltcupeinsatz bieten, obwohl sie in vielen anderen Nationen sicher im Weltcupteam gesetzt wären. Für diese Springer bleibt dann nur der Weg über den Continental Cup, um sich dort wieder einen Startplatz zu erarbeiten. Kurz davor stand im Sommer vor allem Jonas Schuster, der es beim abschließenden Wettbewerb in Klingenthal in der eigenen Hand hatte, jedoch um gerade einmal einen Punkt den Quotenplatz für die erste Weltcupperiode im Winter verpasste.

Jonas Schuster: „Irgendwann bekommt man seine Chance, und die möchte ich nutzen“

Doch trotz dieser Umstände ließ er sich nicht entmutigen und zeigte sich in der Mixed-Zone zufrieden: „Es war ein erfolgreicher Sommer, in dem ich sehr gut trainieren konnte, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht das Optimum vom Sprung her erreicht hatte. Im Herbst hat es sich dann immer weiter gesteigert in Richtung der Wettkämpfe – also der Conti-Cups, der österreichischen Meisterschaft und zum Abschluss beim Sommer-Grand-Prix. Es ist immer besser geworden, und ich bin mega zufrieden mit der Entwicklung, die ich jetzt in den Winter mitnehme“, so Schuster gegenüber Skispringen-News.de.

Seine persönlichen Ziele für die Wintersaison beschreibt er wie folgt: „Ich muss Wettkampf für Wettkampf sehen. Mein nächster Einsatz wird wahrscheinlich der Continental Cup im Dezember sein, und ich werde dort wieder probieren, den Schritt in den Weltcup zu schaffen. Dann schauen wir weiter. Wenn ich so springe wie zuletzt, glaube ich, dass ich ein gutes Niveau habe und wirklich gut mitspringen kann. Dann werden wir sehen, wofür es reicht.“

Auf die Stärke des österreichischen Teams angesprochen, erklärt Schuster: „Ja, es ist sehr schwer, in die Mannschaft hineinzurücken, das auf jeden Fall! Andererseits pusht es natürlich extrem, weil man erst einmal ein Level erreichen muss, dass man überhaupt die Chance hat, ins Team zu kommen. Da muss man halt die richtige Balance finden. Man weiß zwar um die Schwierigkeit, aber trotzdem ist es wichtig, gelassen zu bleiben und einfach zu arbeiten. Irgendwann bekommt man seine Chance, und die möchte ich nutzen. Ich probiere einfach, da zu sein.“

Welche Rolle bei seiner Entwicklung sein Vater, Ex-DSV-Bundestrainer Werner Schuster, spielt, erklärt Jonas Schuster so: „Wenn ich etwas wissen will, kann ich ihn immer fragen. Er ist eine wichtige Figur generell für mich. Ansonsten mache ich das Wesentliche mit meinen Trainern auf der Schanze. Aber wenn ich etwas brauche, ist er immer für mich da“, so der Gesamtzweite des Sommer-Continental Cups 2025.

Niklas Bachlinger: „Wir jungen Athleten versuchen schon, den Älteren Druck zu machen“

Mit dem dritten Platz in der Gesamtwertung des Sommer-Grand-Prix konnte auch Niklas Bachlinger auf sich aufmerksam machen. Entsprechend zufrieden zeigte sich der 23-Jährige gegenüber Skispringen-News.de: „Wenn man mich am Anfang des Sommers gefragt hätte, was ich mir erwarte, stünde das definitiv nicht auf der Liste. Im Conti Cup hat es nicht so gut funktioniert wie im Sommer-Grand-Prix. Daher muss ich wohl schauen, dass ich schnellstmöglich in den Weltcup komme, wenn ich dort leichter zurechtkomme“, schmunzelt Bachlinger.

Auf die Frage, ob man sich ein Beispiel an Maximilian Ortner nehmen kann, der letztes Jahr im ÖSV-Team durchgestartet ist, sagt Bachlinger: „Ja, ich meine, wir machen in Österreich einen guten Job mit den Trainern und den Athleten selbst. Wir sind da richtig stark aufgestellt, und wir jungen Athleten versuchen schon, den Älteren Druck zu machen. Maxi hat letztes Jahr gezeigt, dass wir jungen Athleten vorne mitmischen können, und das ist sicher ein Ansporn, weil wir wissen, dass wir es auch können. Wir warten nur auf den Moment, dass es dann zu 100 Prozent funktioniert.“

Zur Schwierigkeit, sich einen Weltcupplatz im ÖSV-Team zu erkämpfen, erklärt Bachlinger: „Ja, es ist definitiv nicht leicht. Aber ich glaube, dass ein starkes Team einen pusht. Man weiß, dass man mit dem Material gut aufgestellt ist, dass man gut Skispringen kann und dass wir gute Trainer haben. Wenn man dann an sich selbst arbeitet und das Gesamtpaket zusammenpasst, kann das richtig gut aussehen.“

Zu seinen Zielen für die neue Wintersaison und dem Traum von einer möglichen Teilnahme bei den Olympischen Spielen sagt Bachlinger: „Ja, es ist definitiv ein Ziel. Es ist jetzt nicht Priorität Nummer 1 in dieser Saison. Aber die Probe auf der Schanze in Predazzo hat schon gut funktioniert. Schauen wir, was der Anfang vom Winter bringt, und dann lassen wir uns überraschen.“

Clemens Aigner, Daniel Huber und Markus Müller auch noch in der Hinterhand

Die Breite des ÖSV-Kaders ist in jedem Fall weiterhin beeindruckend. Neben den beiden Talenten Jonas Schuster und Niklas Bachlinger werden unter anderem auch Clemens Aigner, der im Sommer den dritten Gesamtrang im Continental Cup erzielte, und Daniel Huber, der die letzte Saison aufgrund einer Verletzung verpasste, um ein Ticket im Weltcup kämpfen. Zudem rechnet sich auch Markus Müller, der letztes Jahr einige Einsätze erhielt, Chancen aus.

Ob Philipp Aschenwald, der seit seinem Trainingssturz im Juli 2023 auf sein Comeback hinarbeitet, ebenfalls zum direkten Anwärterkreis zählen wird, wird sich zeigen. Fest steht in jedem Falle, dass es mehr denn je auf den Continental Cup ankommen wird und auf die Möglichkeit, dort einen zusätzlichen Startplatz für die nächsten Weltcupperioden herauszuspringen. Zuletzt haben die Österreicher dem Springer, dem dieses Unterfangen gelingt, dann auch diesen Startplatz zugesprochen. Ähnliches dürfte auch für die Zukunft zu erwarten sein.

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