Im September diesen Jahres kündigte Kamil Stoch überraschend sein Karriereende nach der Wintersaison 2025/26 an. In Klingenthal absolvierte der dreifache Olympia- und Vierschanzentourneesieger sowie zweimalige Weltmeister seine letzten Wettkampfsprünge überhaupt im Sommer. Skispringen-News.de hat mit dem 38-jährigen Polen nach der Einzelkonkurrenz über seine Entscheidung sowie die Ziele für seine letzte Weltcupsaison gesprochen.
Polen ist seit eh und je als skisprungverrückte Nation bekannt. Hauptverantwortlich hierfür waren in den letzten Jahren vor allem Adam Malysz (inzwischen Präsident des polnischen Skiverbandes), Kamil Stoch, Dawid Kubacki und auch Piotr Zyla, die mit ihren Erfolgen einen regelrechten Boom ausgelöst haben. Mit dem Rücktritt von Stoch verliert die Skisprungnation Polen Ende der Wintersaison 2025/26 eines ihrer Aushängeschilder. 2005 feierte er sein Debüt im Weltcup und lieferte eine beeindruckende Karriere ab. Mit drei Olympiasiegen, zwei Weltmeistertiteln, drei Gesamterfolgen bei der Vierschanzentournee und zwei Gesamtweltcupsiegen zählt Stoch ohne Zweifel zu den erfolgreichsten Skispringern der Neuzeit.
Beeindruckend ist auch seine Anzahl an Einzelsiegen im Weltcup, denn mit 39 Erfolgen rangiert er in der ewigen Bestenliste derzeit auf Rang vier, im Übrigen gleichauf mit seinem Landsmann Malysz. Nur Gregor Schlierenzauer (53), Matti Nykänen (46) und Stefan Kraft (45) haben mehr Siege als Stoch auf dem Konto. Sein letzter Erfolg liegt allerdings bereits einige Zeit zurück. 2021 stand er in Titisee-Neustadt zuletzt ganz oben auf dem Podium.
Und auch insgesamt kämpfte Stoch zuletzt eher um den Anschluss. Besonders bitter verlief die letzte Wintersaison 2024/2025 für ihn, als er aus Formgründen weder bei der Vierschanzentournee noch bei den Weltmeisterschaften in Trondheim am Start war. Vielleicht einer der Gründe, die Stoch während des Sommers letztlich auch dazu bewogen hat, einen baldigen Schlussstrich zu ziehen.
Beim diesjährigen Sommer-Grand-Prix, den er auf dem fünften Platz in der Gesamtwertung beendete, zeigte die Formkurve des Polen allerdings wieder deutlich nach oben, was ihm ordentlich Selbstvertrauen für den Winter geben dürfte. Und wer weiß, vielleicht gelingt ihm mit ein wenig Glück ja ein ebenso erfolgreiches Jahr, wie zuletzt dem Slowenen Peter Prevc, dem im März 2024 an seinem letzten Weltcupwochenende vor seinem Rücktritt tatsächlich noch ein Weltcupsieg beim Skifliegen in Planica gelang. Im Interview mit Skispringen-News.de macht Stoch in jedem Fall einen durchaus „befreiten“ und gelösten Eindruck.
Skispringen-News.de: „Kamil, es war Dein letzter Einzelwettkampf im Sommer. Wie hast Du diesen erlebt und wie zufrieden bist Du mit dem Ergebnis?“
Kamil Stoch: „Ich habe durchaus gemischte Gefühle. Bis zur Hälfte war es ein guter Wettkampf, denn der erste Sprung war ziemlich gut – nichts Überragendes, einfach auf Standardniveau. Aber beim zweiten Sprung weiß ich nicht, was da los war. Vielleicht wollte ich einfach zu viel, wollte noch ein bisschen mehr pushen und mehr Energie reinstecken. Deshalb war ich von Anfang bis Ende einfach zu hektisch, zu verkrampft und konnte meine positive Energie nicht freisetzen. Aber egal, so ist es nun mal, ich muss es akzeptieren und weitermachen.“
Skispringen-News.de: „Man sagt, dass ein Skispringer im Sommer geboren wird. Kannst Du uns etwas über Deine Sommervorbereitung erzählen?“
Kamil Stoch: „Natürlich wurde diesen Sommer wieder viel mit dem Team gearbeitet und ich hoffe, dass es sich für uns auszahlen wird. Auch für mich war der Sommer recht gut, denn es war schön, wieder ganz oben mithalten zu können. Ich habe den gesamten Sommer-Grand-Prix unter den Top-10 abgeschlossen, stand einmal auf dem Podium und war bei mehreren Wettbewerben nochmal ziemlich nah dran. Es war also ein erfolgreicher Sommer, und ich hoffe, dass ich diese Erfahrung/dieses Wissen mitnehmen und im Winter anwenden kann.“
Skispringen-News.de: „Es wird Dein letzter Winter als aktiver Skispringer sein, kannst Du uns diese Entscheidung erklären?“
Kamil Stoch: „Da gibt es nichts zu erklären, es ist einfach eine Entscheidung, die ich getroffen habe. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es an der Zeit ist, Abschied zu nehmen. Ich wollte es nicht nach der Saison erst verkünden, sondern es schon davor dem Publikum und den Fans sagen. Die Fans können mich an der Schanze so wissentlich bei meinem letzten Sprung sehen, und ich hoffe, ich kann mit einem Lächeln im Gesicht in den Auslauf kommen, den Fans zuwinken und einfach gute Laune haben.“
Skispringen-News.de: „Wir hoffen, dass du Deine letzte Saison genießen kannst. Kannst Du uns etwas über Deine Ziele für diese, letzte Saison erzählen? Die Olympischen Spiele wären/sind sicherlich ein fantastischer Abschluss Deiner Karriere.
Kamil Stoch: „Meine Ziele ändern sich seit vielen Jahren nicht. Seit ich mit dem Skispringen angefangen habe, will ich immer der Beste sein und so weit wie möglich springen. Deshalb werde ich im Winter wieder mein Bestes geben und natürlich versuchen, Spaß am Skispringen zu haben, denn darum geht es doch!“
Skispringen-News.de: „Wenn Du noch einmal auf die Vergangenheit zurückblickst, was war Deiner Meinung nach der größte Karrieremoment?“
Kamil Stoch: „Puh, es gab einige großartige Momente. Natürlich mein erstes Podium, mein erster Weltcupsieg und natürlich mein erster Sieg beim Sommer-Grand-Prix. Aber auch meine erste Trophäe, sowohl im Einzel als auch mit dem Team behalte ich in guter Erinnerung. Es waren also viele schöne Momente in meiner Karriere, für die ich sehr dankbar bin! Und ich hoffe, dass das Beste noch vor mir liegt (schmunzelt).
Skispringen-News.de: „Vielen Dank und genieße die letzte Wintersaison“
Kamil Stoch: „Sehr gerne, vielen Dank!“

