Seit Jahren kommt das Skisprung-Team aus Tschechien nur schwerlich voran. Es fehlt an Kontinuität und auch an Ressourcen. Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung des tschechischen Skispringens ebenfalls gehemmt. Doch Talente sind zumindest in kleiner Zahl vorhanden. In unserer Saisonvorschau Part II blicken wir nun auf die Tschechen vor dem Start in den Winter 2021/2022 und schätzen die Situation ein.

Die Tschechische Republik hat seit ihrer Unabhängigkeit (1993) einige bekannte Skisprung-Persönlichkeiten hervorgebracht. Namen wie Jaroslav Sakala (Skiflug-Weltmeister 1994), Jakub Janda (Vierschanzentournee und Gesamtweltcup-Sieger 2005/2006) oder Antonin Hajek (Nationaler Rekordhalter) sind nur drei Springer, die über die tschechischen Grenzen hinaus bekannt sind. Sie unterstreichen eine große Skisprung-Tradition, die übrigens noch deutlich weiter zurückreicht. Doch die jüngere Vergangenheit sieht keinesfalls rosig aus. Im abgelaufenen Winter 2020/2021 konnten einzig Viktor Polasek (4) und Cestmir Kozisek (2) Punkte einfahren. Rang 15 in der Nationenwertung war für alle Beteiligten enttäuschend und ein deutlicher Rückschritt.

Mit Vasja Bajc an bessere Tage anknüpfen

Entsprechend hat sich das Team Tschechien einmal mehr neu aufgestellt. Im Mai wurde mit Vasja Bajc ein alter Weggefährte als Cheftrainer für den erfolglosen Frantisek Vaculik, dessen Tätigkeit nach nur einem Jahr beendet war, eingestellt. Der 59-jährige Slowene war bereits von 2004 bis 2006 Trainer der Tschechen und hat in dieser Zeit Jakub Janda in die Weltspitze gecoacht. Nun soll er eine neue Generation voranbringen und hat dabei das Vertrauen seines alten Schützlings. „Nach einer schlechten Saison haben wir uns entschieden, einen ausländischen Trainer einzustellen. Vasja Bajc kennt das Umfeld des Skispringens in der Tschechischen Republik und mit ihm als Cheftrainer konnten wir einige unserer größten Erfolge feiern“, erklärte Jakub Janda, heute Skisprungdirektor des Skiverbandes in Tschechien, bei der Vorstellung des Neuen.

Neue Impulse im Sommer

Vasja Bajc hat das Tempo gleich zu Beginn angezogen und seine Athleten vor allem in Slowenien auf die anstehende Saison vorbereitet. „Dieser Sommer war sehr hart. Wir haben mit Vasja Bajc einen harten, aber sehr fairen Trainer. Ich bin sicher, dass der Weg gut ist“, berichtet Frantisek Holik. Und Filip Sakala geht gegenüber skispringen-news.de ins Detail: „Wir haben viel an der Kraft gearbeitet. Die Technik ist aggressiver, speziell beim Absprung.“ Die Stimmung sei zudem gut und es gehe besser voran, erläutert der 25-Jährige.

Viktor Polasek und Cestmir Kozisek mit Achtungserfolgen

Überhaupt scheint in diesem Sommer ein Ruck durch die Mannschaft zu gehen. Besonders bei Viktor Polasek zeigt die Formkurve nach oben. Der Junioren-Weltmeister von 2018 konnte sich im August einen Tagessieg beim Continentalcup im heimischen Frenstat sichern. Auch im Sommer-Grand-Prix überzeugte der 24-Jährige mit guten Sprüngen und Platz sieben im kasachischen Schuchinsk. Zudem sicherte sich Viktor Polasek den Meistertitel in Tschechien. Auch Cestmir Kozisek kommt immer besser ins Fliegen. Der 30-Jährige belegte bei den tschechischen Meisterschaften den zweiten Rang. Platz zwei beim Continentalcup in Frenstat und ein 11. Rang beim Sommer-Grand-Prix in Chaikovsky unterstreichen aktuell den Status als zweitstärkste Kraft im Team.

Aufwärtstrend in der Mannschaft – Warten auf Koudelka-Comeback

Filip Sakala und Frantisek Holik konnten in diesem Sommer ebenfalls COC-Punkte sammeln. Neben dem 23-jährigen Holik ist auch Benedikt Holub durch gute Trainingseindrücke näher an die Weltcup-Mannschaft herangerückt. In den Sommer-Wettbewerben hat der 21-Jährige die verbesserten Trainingssprünge noch nicht in Punkte ummünzen können. Sehnsüchtig wird zudem auf das Comeback des über die Jahre besten Tschechen, Roman Koudelka, gewartet. Der fünffache Tagessieger im Weltcup musste sich einer Knieoperation unterziehen und arbeitet seither an seinem Comeback. Den letzten Wettkampf bestritt Koudelka bei der Vierschanzentournee in der Qualifikation von Garmisch-Partenkirchen 2020. Wann der 32-Jährige nun eingreifen kann, ist noch fraglich. Aber im tschechischen Umfeld hoffen alle auf eine baldige Rückkehr von Roman Koudelka. Mit ihm kann das Herren-Team im kommenden Winter wieder besser abschneiden.

Potenzial in der Damen-Mannschaft ist vorhanden

Das tschechische Skispringen besteht aber nicht nur aus Herren. Auch die Damen haben eine Weltcup-Mannschaft. Und auf die Frauen konnte der Verband im Winter 2020/21 durchaus bauen. Mit 181 Zählern schafften es die Schützlinge von Trainer Antonin Hajek auf den achten Platz der Nationenwertung. Karolina Indrackova beendete die Saison als beste Tschechin mit 47 Punkten auf Rang 35 der Gesamtwertung. Auch Klara Ulrichova konnte Zähler sammeln (34) und belegte den 38. Platz. Die erst 17-jährige Springerin gilt als große Nachwuchshoffnung und hat dies bei der vergangenen Junioren-Weltmeisterschaft in Lahti – mit Platz sechs im Einzel – unter Beweis gestellt. Auch beim Sommer-Grand-Prix-Finale in Klingenthal machte die amtierende tschechische Meisterin als 15. auf sich aufmerksam. Mit Veronica Jencova steht eine weitere Springerin in den Startlöchern für die neue Saison. Dagegen kann Stepanka Ptackova nicht eingreifen. Die 19-Jährige hat sich im Oktober bei einem Trainingssturz eine Wirbelverletzung zugezogen und fällt für längere Zeit aus. Dennoch bleibt festzuhalten, dass das tschechische Damen-Team ein ähnliches Niveau wie im Vorwinter erreichen kann und mit Klara Ulrichova eine Überraschungskandidaten für Spitzenergebnisse in den eigenen Reihen hat.

Für die Damen steht der erste Wettkampf am 27. November im russischen Nischni Tagil an. Bereits eine Woche davor (20. November) wird es für die Herren in Russland ernst.

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