Zu einem für das Skispringen eher unüblichen Zeitpunkt, dem 23. April diesen Jahres, sorgte Ryoyu Kobayashi für großes Aufsehen. In einer von Red Bull gesponserten Aktion flog der Japaner im Hlidarfjall Ski Resort (Akureyri, Island) 291 Meter weit und stellte damit einen neuen, wenn auch inoffiziellen Weltrekord im Skispringen bzw. Skifliegen auf. Skispringen-News.de hat sich im Rahmen des Sommer Grand Prix-Wochenendes in Klingenthal mit dem amtierenden Vierschanzentourneesieger über seinen Flug unterhalten und Stimmen zu diesem Ereignis der besonderen Art gesammelt.
„Ich hatte Angst“ – gab Ryoyu Kobayashi mit gewohnt kurzen, aber ehrlichen Worten auf die Frage von Skispringen-News.de zu, wie er sich gefühlt habe bei dem Gedanken, dass vor ihm noch niemand die eigens für die Aktion hergestellte Schanze gesprungen war und auch keine Vorspringer vor ihm vom Balken gingen. Doch der ansonsten immer „cool“ wirkende Japaner überwand seine Angst und zauberte einen Flug von 291 Metern in den isländischen Naturschnee. Unmittelbar nach der Landung war die Freude und Erleichterung groß. „Dieser Sprung ist ein lang gehegter Traum von mir, denn ich wollte schon immer weiter springen als jeder andere und die Grenzen immer weiter ausreizen“, sagte er damals gegenüber seinem Hauptsponsor Red Bull.
Auf die Frage, wie die Vorbereitung genau abgelaufen sei, führt Kobayashi in Klingenthal weiter aus: „Mein Sponsor Red Bull hat sich um die ganze Aktion gekümmert. Ich selbst habe nichts anders gemacht als sonst. Meine Vorbereitung sah genau so aus, wie vor jedem anderen Sprung auch.“
Doch wie bewerten eigentlich andere Skispringer und auch Experten diese Aktion? Wir haben uns im Springerlager umgehört.
Karl Geiger: „Als ich das Video von dem Flug gesehen habe, war meine erste Reaktion darauf, dass ich mich gefragt habe, wieso ich da nicht Bescheid wusste? (lacht). Nein, ich kann verstehen, dass es aus mehreren Gründen unter dem Teppich gehalten wurde. Ryoyu ist eine coole Socke. Das muss man sich erst mal trauen auf einer solchen, eigens dafür hergerichteten Schanze, wo man nicht weiß, was einen erwartet. Das Ganze ging jetzt mit einer phänomenalen Geschichte zu Ende, aber es hätte auch anders laufen können. Dessen muss man sich immer bewusst sein. Aber von dem her, ziemlich geil.“
Constantin Schmid: „Ich war in erster Linie neidisch, denn es sah sehr cool aus. Generell ist Skifliegen unsere Königsdisziplin. Man möchte immer der beste Skiflieger sein und die Möglichkeit haben, so weit hinunterzusegeln. Daher war es unglaublich beeindruckend zu sehen, ein tolles Projekt und eine sehr coole Sache. Es wäre schön, wenn es alle dürften.“
Stephan Leyhe: „Richtig cool! Respekt auch, weil er keine Vorspringer hatte und auf einer Schanze irgendwo im nirgendwo unterwegs war, wo keiner so richtig wusste, wie bzw. ob es funktioniert. Solche Dinge sind aber eine gute Werbung für unsere Sportart.“
Gregor Deschwanden: „Ich dachte zuerst, dass es künstlich sei. Aber es war für mich dann cool zu sehen, dass es tatsächlich mal jemand durchgezogen hat. Seit 15 Jahren wurde drüber gesprochen, dass so etwas möglich wäre und er hat aufgezeigt, dass es wirklich geht. Auch wenn der Aufwand ohne große Sponsoren heutzutage leider noch zu groß ist. Dennoch, es war ein wichtiges Signal für das Skispringen. Ich wäre gerne da gewesen, hätte meine Ski angeschnallt und es auch versucht.“
Martin Schmitt: „Es ist toll für ihn, dass er sich diesen Traum realisieren konnte und er sich vor allem auch getraut hat, auf einer solchen Schanze zu springen. Schließlich wusste er nicht, was ihn erwartet, als er die Spur heruntergefahren ist. Bei einer solchen Schanzengröße, die vorher noch niemand getestet hat, braucht es schon sehr viel Sicherheit und viel Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das hat er bewiesen, es erfolgreich bewältigt und ist dafür mit einem ganz weiten Flug belohnt worden. Dazu kann man ihn nur beglückwünschen. Es war toll zu sehen, was man mit unserem Sport erreichen und wo künftig die Reise vielleicht irgendwann mal hingehen kann. Aber auch so glaube ich, dass wir uns wieder auf tolle Wettkämpfe und Skifliegen freuen können, bei denen er sicher auch wieder ein Wörtchen mitreden wird. Klasse, wie er das gemacht hat!“