Der berühmt berüchtigte Bergisel ruft: die dritte Station der Vierschanzentournee führt die Skispringer am 03.01./04.01.2025 nach Innsbruck. Für die DSV-Adler war es in der Vergangenheit häufig ein echter Schicksalsberg, der schon oft zu großem Frust führte und viele Tourneeträume vorzeitig platzen ließ. Doch durch die WM 2019 sind mit der Anlage auch große Freudenmomente verbunden. Was erwartet Pius Paschke und Co. wohl dieses Mal?

„Innsbruck ist aus geographischer Sicht sicherlich nicht der optimale Ort fürs Skispringen. Ich hoffe, dass wir stabiles Hochdruckwetter haben und es eben kein Windglückspringen wird. Ansonsten ist es echt eine coole und harmonische Schanze mit einem Kessel, der unten sehr viel Spaß macht, wenn man sozusagen in die Zuschauer reinspringt. Unter guten Bedingungen freue ich mich sehr drauf“, schildert uns Andreas Wellinger.

Ein anderer DSV-Adler geht sogar noch ein Stückchen weiter: „Von den vier Tourneeschanzen ist mein Favorit ehrlich gesagt Innsbruck. Da werden mir viele andere deutsche Kollegen nicht ganz zustimmen, aber ich mag die Anlage dort. Ganz anders als Bischofshofen, also genau andersherum, wie bei den anderen Jungs“, schmunzelt Philipp Raimund.

Wer weiß, vielleicht schließen die DSV-Adler in diesem Jahr ja wieder ihren Frieden mit der Anlage und es könnte im Fall von Pius Paschke, der aktuell auf der sechsten Gesamtposition der Tournee liegt, noch zu einer kleinen Wende führen. Das Podium ist für den fünffachen Saisonsieger aus Kiefersfelden in jedem Falle noch erreichbar. Und auch Karl Geiger hat mit den jüngsten Leistungen und seinem derzeitigen achten Platz in der Tourneegesamtwertung überzeugt. Auch für ihn ist durchaus noch ein gutes Ergebnis bei der diesjährigen Vierschanzentournee möglich.

Halten Hörl und Tschofenig dem Druck vor heimischem Publikum stand?

Bei den starken Österreichern stellt sich die Frage, ob diese dem heimischen Druck erfolgreich standhalten. Während Stefan Kraft (Tourneedritter) diese Situation schon einige Male miterlebt hat, ist es sowohl für Jan Hörl (Tourneezweiter) als auch den 22-jährigen Tourneeleader Daniel Tschofenig eine neue Herausforderung. In Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen haben sie mit Bravour ihre Klasse bewiesen, doch gelingt ihnen auch den hohen Erwartungen der vielen österreichischen Fans in Innsbruck und später auch in Bischofshofen gerecht zu werden? Oder schlägt hier die Stunde von den erfahrenen Routiniers wie Kraft, Deschwanden, Forfang oder Paschke, die derzeit knapp dahinter liegen und etwas freier aufspielen können?

Was Hörl in jedem Fall ordentlich Selbstvertrauen geben dürfte, ist sein Vorjahressieg am Bergisel. Damals kämpfte er allerdings nicht um den Tourneesieg mit. Diesen machten Ryoyu Kobayashi und Andreas Wellinger unter sich aus. Der Druck ist also dieses Jahr bei ihm ein ganz anderer.

Geheimfavorit auf den Tagessieg: Anze Lanisek?

Und wen muss man neben den bereits genannten Springern auch noch auf der Rechnung haben in Sachen Tagesgesamtsieg am Bergisel? Aus unserer Sicht wieder einmal Anze Lanisek, der sich 2024 in Innsbruck den Sieg in der Qualifikation sicherte und beim diesjährigen Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen zuletzt mit starken Sprüngen überzeugen konnte.

Hintergrund: Wie sah die bisherige Leidensgeschichte am Bergisel aus?

Der Fluch am Bergisel begann für die deutsche Mannschaft bei der Vierschanzentournee 1998/1999. Martin Schmitt gewann damals die Springen in Oberstdorf sowie in Garmisch-Partenkirchen und reiste als Tourneeführender nach Innsbruck. Ein Sturz bei der Landung sorgte jedoch dafür, dass alle Träume vom Sieg bei der Vierschanzentournee ausgeträumt waren. Schmitt beendete das Springen am Bergisel auf Platz 13 und wurde am Ende in der Gesamtwertung hinter Janne Ahonen, Noriaki Kasai und Hideharu Miyahira Vierter.

Das nächste Kapitel entstand 2016, als Severin Freund gegen Peter Prevc um den Tourneesieg kämpfte. Ein Sturz im Probedurchgang, bei dem er sich Prellungen zuzog, sorgte dafür, dass er nicht zum gewünschten Angriff gegen den Slowenen blasen konnte. Freund beendete das Springen dennoch auf einem guten zweiten Platz, den er auch nach Bischofshofen in der Gesamtwertung erreichte.

2018 war Richard Freitag als Tournee-Zweiter auf Schlagdistanz zum späteren Sieger Kamil Stoch. Einen überragenden ersten Sprung auf 130 Meter konnte er jedoch auf dem schlecht präparierten Aufsprunghang nicht stehen und musste die Tournee verletzungsbedingt abbrechen.

Markus Eisenbichler lernte den Bergisel 2019 kennen. Zur Tournee-Halbzeit lag auch er auf dem zweiten Platz, hinter Ryoyu Kobayashi. Doch nach einem Patzer im ersten Durchgang verlor er zu viele Punkte auf den Japaner, der ihm fortan in der Gesamtwertung enteilte.

Versöhnung bei der WM 2019?

2019 schien sich das Blatt am Bergisel für die deutsche Mannschaft zu wenden. Bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften gewann Markus Eisenbichler auf der Großschanze in Innsbruck die Goldmedaille im Einzel und Karl Geiger dahinter die Silbermedaille. Damit nicht genug: im Teamwettbewerb reichte es für Markus Eisenbichler, Karl Geiger, Richard Freitag und Stephan Leyhe ebenfalls zu Gold.

Doch wer dachte, dass die Wende nun eingeläutet wäre, der täuschte sich. So musste Karl Geiger 2020 nach Podestplätzen in Oberstdorf und Garmisch seine Tourneehoffnungen aufgrund eines schlechten 1. Durchgangs in Innsbruck begraben. 2021 wiederholte sich dies bei ihm mit dem 16. Rang erneut. Noch bitterer lief es für ihn 2023 als er als 51. bereits in der Qualifikation ausschied und damit alle Träume dahin waren.

Hannawald & Freitag sind die letzten deutschen Sieger bei der Tournee in Innsbruck

Bleibt eine Frage offen: konnte die deutsche Mannschaft in Innsbruck während der Tournee noch nie überzeugen? Doch, aber es ist schon sehr lange her! Richard Freitag siegte 2015 als letzter Deutscher am Bergisel. Zuvor war es Sven Hannawald, der bei seinem „Grand Slam“ 2002 gewann.

Fazit: Es geht also. Daher sollten sich Pius Paschke und Co. eher diese Freudenmomente als zusätzliche Motivation vor dem Wettkampf ansehen, als sich zu viel mit dem „Bergisel-Fluch“ zu beschäftigen.

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