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Weltcup-Vorschau Part I: Kleine Nationen

Vladimir Zografski, Foto: Konstanze Schneider

Seit einiger Zeit deutet sich der wenig erfreuliche Trend an, dass Skispringen zunehmend eine Angelegenheit von wenigen Top-Nationen wird. Fehlende Trainer, Trainingsstätte und finanzielle Engpässe haben dazu geführt, das einige Nationen wie beispielsweise die Schweden nahezu komplett von der Skisprungkarte verschwanden. Demnach gab es im letzten Winter das völlig neue Phänomen, dass anstelle der Qualifikation ein Prolog ausgetragen wurde, da maximal 50 Athleten am Start war. Zudem war es wie in den letzten Jahren eher die Ausnahme, wenn sogenannte Exoten mal ein paar Weltcup-Punkte sammeln konnten. In unserer Saisonvorschau Part I schauen wir uns an, was wir in dieser Saison von den kleinen Nationen erwarten können.

Vladmir Zografski: Der Einzelkämpfer aus Bulgarien peilt die Top-30 im Gesamt-Weltcup an

Zu den erfolgreichsten Exoten der vergangenen Jahre zählt definitiv Vladimir Zografski, der in seiner Karriere immerhin schon drei Top-10-Plätze erringen konnte. In der Weltcup-Gesamtwertung schnupperte er mit zwei 33. Plätzen immerhin schon an den besten 30. Im vergangenen Jahr lief es für Zografski jedoch mit Rang 56 im Gesamt-Weltcup nicht sonderlich rund. Allerdings machen seine Sommer-Ergebnisse definitiv Hoffnung. In den zugegeben schwach besetzten Wettbewerben von Schuchinsk belegte er die Ränge drei und sieben. Zudem zeigte er aber als Zehnter in Hinzenbach, dass er auch gegen die fast vollständig versammelte Elite gut bestehen kann. Zografski ist es durchaus zuzutrauen, dass er im kommenden Winter regelmäßig punktet. Ein großes Ziel werden für den 28-Jährigen auch die Olympischen Spiele sein, wo er versuchen wird, seinen 14. Platz von der Normalschanze (2018) zu toppen.

Nach Bronze bei der Junioren-WM 2019: Gelingt Tkachenko der Durchbruch im Weltcup?

Gespannt dürfen wir sein, wie sich der junge Kasache Sergey Tkachenko schlagen wird. Im Jahr 2019 gelang diesem völlig überraschend der Sprung zu Bronze bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Lathi. Im Weltcup konnte der 22-Jährige jedoch nur vereinzelt glänzen. Bislang stehen für Tkachenko lediglich drei Top-30-Ergebnisse zubuche. In der vergangenen Saison sahen wir ihn nach einer Pandemie-bedingt erschwerten Vorbereitung erst im zweiten Teil des Winters. Mehr als zwei 40. Plätze bei der WM sprangen aber nicht heraus. Immerhin steigerte sich der Kasache im Sommer wieder etwas und sprang bei den Heimspringen in Schuchinsk zweimal in die Top-10 (6. und 10). Ansonsten liefen jedoch auch die Sommer-Wettbewerbe eher durchwachsen. Dennoch ist Tkachenko mit Sicherheit noch immer der Kasache mit den besten Aussichten auf Punkten.

Dies könnte sich in ein paar Jahren ändern, zumal der erst 17-jährige Danil Vassilyev definitiv Fortschritte gemacht hat und beim Heimspringen in Schuchinsk immerhin einen 14. Platz erringen konnte. Vom deutlich erfahreneren Muminov sind hingegen keine deutlichen Steigerungsraten zu erwarten.

Raus aus der Stagnation: Können die Italiener in diesem Winter Fortschritte machen?

Recht wenige Erfolge haben in den letzten Jahren die Italiener vorzuweisen. Mit Giovanni Bresadola, Alex Insam und Francesco Cecon wären immerhin drei Springer da, die auf Weltcup-Punkte schielen können. In der vergangenen Saison war Bresadola mit acht Punkten und Gesamtrang 65 der stärkste Springer. Im Sommer trat er bei den schwächer besetzten Springen in Schuchinsk und Chaikovsky an und belegte die Ränge 24, 16 und 18. Alex Insam tauchte hingegen nur im Rahmen der COC-Serie auf und erzielte sein bestes Ergebnis als Elfter in Kuopio. Nachdem Insam vor einigen Jahren vor allem im Skifliegen noch sehr gute Ansätze zeigte, ist hiervon zuletzt nicht mehr so viel übrig geblieben. Bei den italienischen Meisterschaften im Sommer zeigte sich der dritte im Bunde, Frederico Cecon, am besten in Form und gewann vor Insam und Bresadola.

Für das italienische Team wird es im kommenden Winter extrem schwierig werden, wirklich Akzente setzen zu können. Potenzial wäre zwar durchaus da, die Stagnation in den letzten Jahren ist jedoch unübersehbar.

Learoyd will sich nach Verletzung zurück kämpfen: Macht Foubert den nächsten Schritt?

Gleiches lässt sich auch über die Franzosen sagen. In den Jahren 2018 und 2019 konnte der 21-jährige Jonathan Learoyd auf sich aufmerksam machen, indem er bei den Olympischen Spielen 2018 und bei den WM-Springen von Innsbruck und Seefeld 2019 in die Punkteränge sprang. Allerdings plagten das große Talent in den den letzten Jahren immer wieder Verletzungs- und Krankheitsprobleme. Zuletzt sahen wir Learoyd im September 2020 bei einem COC-Springen in einem Wettbewerb, was insbesondere an einer Ermüdungsverletzung im Knie lag: „Nicht springen zu können, weil ich Probleme mit den Knien habe, ist definitiv nicht ideal, aber ich arbeite hart daran, wieder schmerzfrei zu werden. Hoffentlich ist das so bald wie möglich der Fall“, erklärte er vor im Sommer via Instagram.

Laut Angaben von „nordicmag.info“ hat jedoch eine Behandlung mit Kortikoiden im September endlich angeschlagen. „Seitdem kehre ich langsam zum Sport zurück, und da meine Knie in Ordnung sind, konnte ich auch wieder mit dem Springen beginnen“, erklärte der Springer, der ab Januar wieder Wettkämpfe bestreiten möchte.

Bis dahin müssen sich die Franzosen auf Valentin Foubert verlassen. Der 19-Jährige wurde im vergangenen Winter für seine ordentlichen Leistungen im COC mit einem Start bei der Tournee belohnt. Allerdings kam er nicht über einen 55. Platz in Oberstdorf hinaus. Im Sommer sicherte er sich beim SGP in Wisla als 30. seinen ersten Punkt auf oberster Ebene. In den COC-Springen konnte er als 25. von Frenstat aber auch nur einmal in die Punkteränge springen. Alles in allem stehen auch die Franzosen vor einem schweren Winter, in dem jede erfolgreiche Qualifikation für den Wettbewerb schon als Erfolg verbucht werden kann.

Von der Laufbahn auf die Schanze: Qiwu Song ist die größte Hoffnung der Chinesen

Besonders im Fokus werden im kommenden Winter die Chinesen stehen, zumal die Winterspiele in Peking ausgetragen werden. Da allerdings das Skispringen in China praktisch nie wirklich existent war, suchte man sich die Hilfe von Mika Kojonkoski, der in Hinblick auf die Spiele ein Team formen sollte. Dabei vergaß der Verband jedoch, dass man nicht von heute auf morgen konkurrenzfähige Springer entwickeln kann. Enttäuscht über die Entwicklung des Projektes trennten sich die Chinesen von Kojonkoski. Ein absurder Entschluss, wo man mit dem Finnen einen der größten Skisprung-Experten überhaupt an seiner Seite hatte. Sportlich gesehen konnte jedoch immerhin Qiwu Song überzeugen. Zwar kam er nicht über einen 29. Platz beim SGP in Chaikovsky hinaus, jedoch gelang ihm in der Qualifikation ein erstaunlich starker fünfter Platz.

Sollte der 21-Jährige solche Sprünge öfter abrufen können, wäre der Sprung unter die Top-30 bei den Winterspielen durchaus möglich. Schon jetzt ist Song erstaunlich weit, wenn man bedenkt, dass er das Springen erst im Alter von 17 Jahren gelernt hat. Ehe er von Kojonkovski entdeckt wurde war der junge Chinese als 400-Meter-Hürdenläufer in der Leichtathletik aktiv.


„Bevor ich das Springen lernte, hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie Schnee in den Augen gesehen. Die ersten Versuche auf der Vier-Meter-Schanze waren sehr halsbrecherisch. Am Tag nach diesem Training konnte ich nicht aus dem Bett aufstehen. Ich hatte wirklich Angst. Während der ersten Trainingseinheiten dachte ich nur daran, zu überlebe“, erinnerte er sich im Interview mit „Finance.cina.cn“ an seine Anfänge. Wir dürfen gespannt sein, wie die weitere Entwicklung des jungen Chinesen weitergeht. Ohne Entdecker Kojonkovski dürfte es aber schwierig werden.

Ipcioglu träumt von Olympischer Medaille für die Türkei

Eher ein Schattendasein treiben auch weiterhin die türkischen Skispringer. Der beste Athlet ist der 24-jährige Fatih Arda Ipcioglu. Im Sommer zeigte der Athlet immerhin in den COC-Springen gute Leistungen. Insbesondere der 13. Rang von Frenstat und der sechste Platz von Rasnov untermauern eine erfreuliche Entwicklung. Wenig später holte er mit den Rängen 29 und 23 in Schuchinsk seine ersten Zähler im SGP. An großen Zielen und Träumen mangelt es dem Springer jedenfalls nicht.

„Mein Traum ist es, eine Medaille bei Olympischen Winterspielen, die es in der Geschichte der Türkei noch nie gegeben hat, in mein Land zu bringen. Das ist für einen 12-14-jährigen Zweig nicht einfach, aber entweder ich oder mein Freund aus einer anderen Wintersportart machen es. Vielleicht gewinnt erst die nächste Generation, aber diese Medaillen werden definitiv in die Türkei kommen. Das ist mein einziger Traum“, erklärte er im Interview mit „sozcu.com.tr“. Bei den Spielen 2022 wird das im Skispringen definitiv ein Traum bleiben, aber warten wir mal ab, was die Zukunft bringt. Der Sprung unter die Top-30 in Peking wäre aber schon ein gewaltiger Erfolg.

Nach Trainer-Beben 2018: Was machen die rumänischen Skispringer?

Dank der Weltcup-Springen von Rasnov ist das Skispringen auch in Rumänien noch ein Begriff. Allerdings wurde das rumänische Skispringen vor ein paar Jahren durch einen Skandal heftig zurückgeworfen. Der damals aussichtsreichste Springer, Iulian Pitea, beschuldigte Coach Cristinel Florin Spulbar, Gewalt angewendet zu haben. Während Spulbar noch immer Trainer ist, zogen sich Pitea und andere Springer aus dem Sport zurück. Der beste Rumäne derzeit ist der 21-jährige Andrei Feldorean. Dieser konnte als 23. von Chaikovsky erstmals SGP-Punkte sammeln. Mit Daniel Andrei Cacina und Nicolae Mitrofan stehen noch zwei Springer zur Verfügung, die sich auf ähnlichem Niveau bewegen. Im Winter wird es aber wohl nur darum gehen, ab und an die Qualifikation zu schaffen.

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