Nachdem bekannt wurde, dass Sportchef Clas Brede Braathen’s Vertrag nach der Saison 2021/22 nicht verlängert werden soll, herrscht weiterhin dicke Luft im Norwegischen Skiverband (NSF). Auch eine Unterschriftenaktion und zahlreicher Zuspruch von Athleten, Trainern und der Sprungnation Norwegen, lässt den Verbandsvorstand bisher nicht erweichen. Eine Vertragsverlängerung nach April 2022 scheint langsam aber sicher vom Tisch.

Informationen von Dagbladet zufolge habe der Vorstand im Fall um Clas Brede Braathen in der vergangenen Woche eine umfassende Prüfung vorgenommen. In einer Pressemeldung am Donnerstag äußerte sich der Vorstand des Norwegischen Skiverbandes: „Es scheint, dass Braathen seit langem eine konfrontative und inakzeptable Form der Kommunikation und des Verhaltens hat, die sowohl intern als auch gegenüber wichtigen externen Stakeholdern zu Unruhe, Unsicherheit und einer nicht tragfähigen Situation geführt hat.“ Weiterhin bestätigte der Vorstand, dass sie die Entscheidung, Braathen’s Vertrag nicht zu verlängern, einstimmig unterstützen. Braathen selbst wurde zu der Sitzung am Donnerstag nicht eingeladen.

Im Vorfeld gab der Skiverband zu verstehen, dass sie sich in Personalangelegenheiten nicht öffentlich äußern wollen. Aufgrund der großen medialen und mittlerweile internationalen Aufmerksamkeit des Falls, fühlten sie sich dennoch verpflichtet, ebenfalls ein Statement abzugeben: „Braathen hat sich dafür entschieden, ausgewählte Teile des Falls in der Öffentlichkeit zu teilen. Die Präsentation zeichnet ein einseitiges Bild des Falles ab und schadet damit dem Vertrauen in den Norwegischen Skiverband.“

„Er hat zu sehr guten sportlichen Ergebnissen beigetragen, aber sein Verhalten im Laufe der Zeit und seine mangelnde Bereitschaft, dies unseren vernünftigen Erwartungen anzupassen, führt dazu, dass der Skiverband die Zusammenarbeit nicht verlängern kann“, so ein beinahe endgültiges Statement von Verbandsseiten. Vor wenigen Tagen reichte Clas Brede Braathen zusammen mit seiner Anwältin eine Klage gegen den Verband ein.

Vorwürfe zu Braathen’s Verhalten in Planica: Heftige Kritik von Alex Stöckl

Wie Dagbladet berichtete, wurde auch eine Situation vom Weltcup-Finale in Planica, bei dem Daniel-André Tande Ende März schwer gestürzt war, für den Fall herangezogen. Clas Brede Braathen saß fast rund um die Uhr am Krankenbett von Tande im Krankenhaus von Ljubljana und informierte Alex Stöckl und Tande’s Familie fast stündlich über den aktuellen Zustand. Auf seinem privaten Facebook-Profil veröffentlichte er damals die Nachricht, dass Tande wach sei und bereits mit seiner Freundin und Mutter gesprochen habe – eine große Erleichterung für alle.

Nun wird ihm unter anderem vorgeworfen, dass er eine solche Nachricht nicht zuerst auf den Kommunikationskanälen des Verbandes veröffentlicht habe. Auch Stöckl hatte eine andere Meinung zum Umgang der Situation im Medienmanagement, betonte jedoch, dass dies bereits in einem separaten Meeting ausgewertet wurde und nichts mit dem aktuellen Fall zu tun habe. „Dass dies bei der „Form der Zusammenarbeit“ zwischen Clas und dem Skiverband berücksichtigt wird, finde ich furchtbar“, berichtete ein wütender Stöckl. Es scheint, als würde der Norwegische Skiverband absichtlich immer wieder nach neuen Argumenten für eine Entlassung suchen: „Mir kommt es ein bisschen so vor. Nutzt man den schlimmsten Vorfall, den der Sportchef je durchgemacht hat, stimmt etwas nicht.“

Sponsor „LO“ droht Vertrag nach 2021/22 nicht zu verlängern

Die größte Arbeitnehmer-Organisation Norwegens „LO“ war in den vergangenen fünf Jahren einer der Hauptsponsoren der norwegischen Skisprungmannschaft. Die Unterstützung lag bei 10 Millionen NOK pro Jahr (etwa 1 Mio. Euro). Doch auch der Sponsoring-Vertrag mit LO läuft im April 2022 aus und das vertrauen in den Skiverband bröckelt. Informationen von FriFagbevegelse zufolge, besteht die Möglichkeit, dass LO den Vertrag nicht verlängert, sollte der Konflikt zwischen Braathen und dem Norwegischen Skiverband weiterhin bestehen.

Die Vertreter des Sponsors waren stets zufrieden mit der Zusammenarbeit und haben Braathen immer unterstützt. Er sei der Grund gewesen, warum die Zusammenarbeit überhaupt zustande kam. „Die Art und Weise, wie Clas Brede Baathen daran gearbeitet hat, den Frauen die gleichen Chancen wie den Männern zu bieten, ist einer der Gründe, warum wir uns auf diese gemeinsame Reise begeben haben. Clas Brede hat den Damen in diesem Kampf zur Seite gestanden. Sein Einsatz hat bei den Frauen einen Unterschied gemacht. Wir haben uns darauf gefreut, dass er diese Arbeit fortsetzt“, so LO-Leiterin Peggy Hessen Foelsvik gegenüber VG.

Braathen stand zur Debatte als Nachfolger für Walter Hofer

Wie nun bekannt wurde, nannte Walter Hofer dem damaligen Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS), Gian Franco Kasper, im Jahr 2018 zwei Namen, die er sich als seinen Nachfolger vorstellen könnte. „Für mich gab es zwei Favoriten. Es waren Pertile und Clas Brede“, sagte der ehemalige FIS-Renndirektor gegenüber VG. „Ich fragte ihn, wie er diese «Idee» sah. Aber er sagte, dass er noch andere Ambitionen habe – noch viel für die Männer und Frauen in Norwegen zu tun habe, und er wolle diesen Job gerne fortsetzen“, erzählte Hofer weiter. Clas Brede Braathen war damals stolz über die Anfrage, lehnte den Job aber schnell ab. „Wir befanden uns in einem großen Entwicklungsprozess. Ich glaubte, durch meine Rolle als Sportchef dazu beitragen zu können, den internationalen Skisprungsport mitzubestimmen. Das hat den Prozess in vielerlei Hinsicht am Laufen gehalten“, erklärte Braathen.

„Es wäre ein großer Verlust, wenn Clas Brede nicht mehr Teil des Sports wäre“, so Walter Hofer, der sich zu dem Rest allerdings nicht äußern wollte. Ein endgültiges Urteil in dem Fall steht noch aus. Auch wenn alles darauf hindeutet, dass es für Clas Brede Braathen schwer werden dürfte.

Quelle: Dagbladet, NRK Sport, VG, FriFagbevegelse

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