Es gibt einige offensichtliche Aspekte, die diese beiden Disziplinen voneinander unterscheiden. Da wären zum einen, der deutlich längere Anlauf, der natürlich zu einer erhöhten Anfahrtsgeschwindigkeit führt. Auf der anderen Seite ist da der große und längere Aufsprunghang, der durch seine Konstruktion größere Weiten zulässt.

Aber was ist die wirkliche Herausforderung bei der Königsdisziplin Skifliegen? Warum verliert ein Athlet teilweise 3-4 kg an Substanz an einem Wettkampfwochenende? Da wären zum einen die rein physiologischen Aspekte: Es kommt natürlich durch die intensivere Flugphase, zu einer längeren Aufrechterhaltung der Körperspannung. Der Druck in der Anlaufspur ist deutlich höher und auch die Landung im 200-Meter-Bereich ist eine große Belastung für den Springer. Aber diese Sachen spielen tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle.

Skispringen ist ein Sport, der zum größten Teil im Kopf entschieden wird. Das wird beim Skifliegen besonders deutlich. 80 % des Substanzverlustes sind durch die Psyche zu erklären. Man kann es anhand eines einfachen Beispieles aus dem eigenen Leben erklären: Skispringen ist, als ob man eine Klausur schreibt. Das Skifliegen hingegen ist die Abiturprüfung. Das Skispringen ist gefährlich. Das steht außer Frage. Ein falscher Sprung kann jederzeit zu schweren Verletzungen führen. Beim Skifliegen wird noch eine Schippe obendrauf gelegt, denn jeder Fehler kann tödlich enden.

Diese Gefahr ist bei den Spitzensportlern immer präsent. Der Schlaf vor einem solchen Wettkampf ist unruhiger. Das ganze Wochenende wird durch eine deutlich erhöhte Grundspannung begleitet. Angst darf hierbei nie das beherrschende Thema werden. Diese würde den Springer lähmen. Es ist wichtig, mit großen Respekt an die Situation heranzugehen. Ein weiteres Problem ist die erhöhte Ausschüttung des Botenstoffes Adrenalin. Beim Skifliegen werden Werte gemessen, die im Bereich der Todesangst liegen. Der Körper braucht einige Zeit, um sich davon zu erholen und wieder in den Normalbereich abzusinken. Das der Körper durch die permanente psychische Belastung nicht zur Ruhe kommt, führt unweigerlich zu einer Gewichtsreduzierung. Jeder kennt es, dass sich das Essverhalten in Stresssituationen verändern kann. Zwischen den Sprüngen wird nicht wie sonst im Kraftraum trainiert. Dem Athleten wird die Zeit gegeben, um herunterzukommen. Diese Zeit nutzen viele, um einfach etwas zu lesen oder im Internet einen Film anzuschauen. 

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