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Saisonvorschau Part XII: Deutschland ohne Leyhe – wie ist das DSV-Team für den Winter aufgestellt?

Foto: Konstanze Schneider

Abgesehen von Stephan Leyhe, der aufgrund seiner Kreuzbandverletzung aus Trondheim bei der norwegischen Raw Air im März 2020, im Winter 2020/21 nicht starten wird, können sich die Fans des DSV-Teams dennoch auf eine starke und interessante Mannschaft und eventuell auch die ein oder andere Überraschung freuen. Neben dem aktuell Besten aus deutscher Sicht, Markus Eisenbichler, werden heute außerdem Severin Freund, Karl Geiger, Martin Hamann, Pius Paschke, Constantin Schmid und Andreas Wellinger in den WM-Winter starten.

Gespannt sein darf man auf jeden Fall auf Karl Geiger, den besten DSV-Adler und Weltcup-Zweiten der vergangenen Saison. Ob der Oberstdorfer an die Leistungen vom vorherigen Winter anknüpfen kann, bleibt abzuwarten. Aus den Saisonvorbereitungen und seinem 3. Platz bei den nationalen Meisterschaften lässt sich nur schwer eine Prognose abgeben. „Die Vorbereitung lief soweit ganz gut. Ich bin jetzt noch nicht hundertprozentig zufrieden mit den Sprüngen. Ich habe mich in den letzten Wochen ein bisschen schwerer getan, aber der Weg stimmt wieder, und ich marschiere in die richtige Richtung. Daher bin ich gespannt, wo ich momentan stehe und was die Sprünge wert sind“, so Geiger im Vorfeld. Hinzu kommt bei ihm noch eine private „Ablenkung“ zu Beginn der Saison: Denn Karl Geiger wird bald zum ersten Mal Vater. Jedoch ist der 27-Jährige bekanntlich eher ein ruhiger und gelassener Typ, der sich nur schwer aus der Ruhe bringen lässt. 

Olympiasieger Andreas Wellinger freut sich nach seiner Kreuzbandverletzung endlich wieder im internationalen Wettkampfgeschehen dabei zu sein: „Es wurde Zeit, dass es jetzt endlich wieder mit den Wettkämpfen losgeht. Ich durfte meinen letzten Wettkampf im März 2019 bestreiten. Nach einem Jahr und acht Monaten wird’s wirklich Zeit. Daher freue ich mich extrem, dass es wieder losgeht.“ Was man von ihm aktuell erwarten kann, ist ebenfalls eher schwierig einzuschätzen. Zuletzt hatte Wellinger zwar noch etwas zu kämpfen, ist jedoch immer für eine Überraschung gut. Denn ähnlich wie Geiger ist auch er eher ein Wettkampftyp. Dass er zu den besten der Welt gehören kann, hat er in der Vergangenheit mehrfach gezeigt. Aufgrund der fehlenden Vergleichswerte zur Konkurrenz in diesem Jahr ist eine Gesamteinschätzung bisher aber fast unmöglich. Aus Erfahrung aber zu vermuten, dass er nach einem Kreuzbandriss nicht direkt die größten Bäume ausreißen wird.

Kann Eisenbichler seinen WM-Titel verteidigen?

Auch der Mann vom TSV Siegsdorf blickt voller Vorfreude auf den heutigen Weltcupstart: „Ich freue mich riesig auf den Weltcup-Start in Wisla. Dafür habe ich jetzt lange trainiert. Meine Vorbereitung war ziemlich gut.“ Betrachtet man die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften sowie Ergebnisse von Lehrgängen und internen Wettbewerben, kommt man zu dem Schluss, dass Eisenbichler bestens für eine Saison mit so vielen Höhepunkten, wie es die kommende bietet, vorbereitet ist. Auch die Tatsache, dass keine Zuschauer an der Adam-Malysz-Schanze vor Ort sein werden, scheint den Siegsdorfer nicht aus der Ruhe zu bringen. Das Potential für einen Weltklasse-Athleten hat Eisenbichler allemal. Dies hat er bereits mehrfach unter Beweis gestellt, nicht zuletzt mit seinem Weltmeistertitel vom Bergisel in Innsbruck 2019. Nun bleibt nur noch ein Problem für den 29-Jährigen, einmal konstant durch den Winter zu kommen. Ob er dies vielleicht in der Saison 2020/21 schaffen kann, bleibt abzuwarten. Eins steht jedoch fest: Für die Großereignisse ist Eisenbichler in jedem Fall auf die Favoritenliste zu setzen. 

Schmid möchte am vergangenen Winter anknüpfen

Für den 20-Jährigen Constantin Schmid lief es im vergangenen Winter ziemlich gut. Der Oberaudorfer begeisterte nicht nur die Skisprung-Fans, sondern auch seine Teamkollegen und Trainer. Zusammen mit dem Team stand er sechsmal auf dem Podium und beendete die Saison auf Rang 16. „Ich denke, ich bin auf Kurs, um gute Leistungen bringen zu können. Ich bin mit meiner Vorbereitung zufrieden. In der letzten Saison bin ich hin und wieder über das Ziel hinausgeschossen und habe nach einem guten Durchgang überpacet, daran habe ich gearbeitet, das will ich in den Griff bekommen“, so ein motivierter Constantin Schmid. Wir dürfen gespannt sein, wohin die Reise des jungen DSV-Adlers geht.

Routiniers als wichtige Stütze

Sowohl Severin Freund als auch Pius Pasche zählen, wenn man rein das Alter und die Dauer der aktiven Laufbahn betrachtet, definitiv zu den Routiniers im Team. 

„Ich habe mich, wie in den letzten Jahren auch, gut weiterentwickeln können. In habe auch in diesem Sommer gemerkt, dass nochmal was vorwärtsgegangen ist. Von daher freue ich mich sehr auf die Saison. Ich bin gesund und höchst motiviert“, so Paschke. Der 30-jährige absolvierte mit einem 21. Rang im Gesamtklassement 2019/20 eine doch solide Saison. Ob er in diesem Jahr nochmal einen Sprung nach vorne machen kann, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. 

Auch Severin Freund dürfte besonders froh über seinen Startplatz sein. Nach mehreren Verletzungen in den vergangenen Jahren, nach denen er nicht schmerzfrei trainieren konnte, war es für den 32-Jährigen alles andere als einfach, den Anschluss wieder zu finden. Doch in diesem Jahr ist Freund wieder guter Dinge: „Für mich wird’s spannend. Ich konnte diesen Sommer so gut trainieren wie schon lange nicht mehr. Auch wenn man mit über 30 merkt, dass es an der ein oder anderen Stelle etwas mehr zwickt und man etwas kürzertreten muss. Spaß beiseite: Es war wirklich gut. Auf der Schanze geht’s in die richtige Richtung. Es wird jetzt interessant, die ersten Wettkampfsprünge zu machen.“ 

Martin Hamann: „Jetzt darf ich mit den „Großen“ trainieren“

Auch wenn Richard Freitag nicht für das Team aufgestellt wurde, so vertritt zumindest sein Vereinskollege Martin Hamann von der SG Nickelhütte Aue das Bundesland Sachsen. Im Gegensatz zu Freitag ist Hamann noch Neuling in der Liga der „Großen“. In der letzten Saison bekam der 23-jährige lediglich Einsätze im Weltcup während der Vierschanzentournee, in Predazzo und bei der Raw Air, konnte dort allerdings keine Weltcup-Punkte erzielen. Seinen Startplatz für den Weltcup-Auftakt in Wisla hat er sich im Sommer auf gleicher Schanze erarbeitet. „Im Sommer lief es schon ganz gut. Jetzt bin ich froh darüber, Teil der Mannschaft zu sein. Seit dem Doppelerfolg in Wisla hat sich nicht viel geändert – bis auf das Umfeld. Jetzt darf ich mit den „Großen“ trainieren. Dass ich direkt beim Weltcup-Auftakt dabei sein darf, das habe ich mir ersprungen. Ich bin sehr zufrieden, wie es aktuell läuft und versuche, alles dafür zu geben, dass es auch so bleibt“, so Hamann vor seinem ersten Weltcup-Auftakt. 

Prominente Gesichter fehlen zum Auftakt: Richard Freitag und David Siegel haben den Sprung ins Team verpasst

Obwohl das Deutsche Team derzeit mit der Maximalanzahl von sieben Athleten antreten darf, werden ein paar prominente Namen vorerst fehlen. Bestes Beispiel ist der zuvor angesprochene Richard Freitag. Der 29-Jährige zog in der internen Ausscheidung gegen Andreas Wellinger knapp den Kürzeren und ist zunächst zum Zuschauen verdammt. nach der völlig verkorksten letzten Saison möchte sich der Skiflug-WM-Dritte aus dem Jahr 2018 aber natürlich rehabilitieren. Wann er seine erste Chance dazu bekommt ist noch unklar. Spätestens zur Tournee wird er jedoch auf jeden Fall hinzu kommen. Zu was es dann reicht ist schwer abzusehen. Gelingt es ihm in Training jedoch erfolgreich an seinen Problemstellen zu arbeiten, kann der Knopf schnell aufgehen. Das Potenzial eines Richard Freitags hat im Grunde nur wenig Grenzen.

Dies gilt auch in besonderen Maßen für David Siegel. Nach seiner schweren Verletzung aus dem Winter 2018/19 möchte dieser auf die große Bühne des Skisprungsports zurückkehren. Wie weit es für den ehemaligen Juniorenweltmeister gehen kann, hat er vor seiner Verletzung bereits gezeigt. Aufgrund der schwere dieser Verletzung, liegt jedoch noch ein weiter Weg vor ihm. Demzufolge hat auch er den Sprung ins Weltcupteam knapp verpasst. Für Siegel geht es nun darum, körperlich und mental Schritt- für Schritt nach vorne zu kommen und die Selbstverständlichkeit zurück zu erlangen. Das erst 24-Jährige Top-Talent hat hierfür allerdings alle Zeit der Welt. Trotz wäre es für den Baiersbronner schon auch wichtig, sich im Laufe des Winters ins Weltcupteam zu kämpfen und regelmäßig zu punkten.

Für Bundestrainer Stefan Horngacher ist es natürlich eine sehr erfreuliche Situation, zwei derartige Hochkaräter noch in der Hinterhand zu haben, wenngleich ihm die Teamaufstellung daher sicher nicht leicht gefallen ist. Der DSV-Coach zeigt sich voller Vorfreude auf das erste Weltcup-Wochenende: „Die Freude ist riesengroß, endlich wieder Wettkämpfe zu absolvieren. Wir sind sehr froh, dass Wisla den Auftakt durchführen kann. Nach einem Sommer ohne Wettkämpfe ist es für uns enorm wichtig, wieder ins Wettkampfgeschehen einzusteigen.“ Für wen seiner Schützlinge es wie weit nach vorne gehen wird, bleibt abzuwarten. Die Vorbereitungen auf den Winter haben trotz aller Corona-Maßnahmen bestmöglich stattfinden können. „Nach der deutschen Meisterschaft haben wir unsere Anlagen in Deutschland genutzt, in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen auf der Eisspur. Wir haben die Schanzen praktisch für uns alleine gehabt und konnten sehr gut trainieren. Wir haben auch noch einiges am Material getestet und sind jetzt bereit für die ersten Wettkämpfe“, erklärt Horngacher. 

Quelle: DSV, interne Informationen

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